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Heinrich Breloer.

© dpa

Unbekannter Kontinent Bertolt Brecht: Heinrich Breloer will das Bild des Dramatikers schärfen

Bereits zweimal hat sich Heinrich Breloer filmisch mit Bertolt Brecht auseinandergesetzt. Im Mai beginnt er mit den Arbeiten an einem großen Zweiteiler über den Dramatiker.

Auch für Heinrich Breloer, 74, wachsen die Bäume nicht (mehr) in den Fernseh-Himmel. Ein Dreiteiler sollte es mal werden, sein Alterswerk über den großen Dramatiker Bertolt Brecht. Ein Dreiteiler wie „Die Manns – ein Jahrhundertroman“, mit dem er vor 15 Jahren an das Leben von Thomas Mann und dessen illustrer Familie erinnerte. Für „Brecht“, so der Arbeitstitel, rückt die ARD noch zwei Mal 90 Minuten heraus. Auch wird nicht an Originalschauplätzen gedreht, „aus finanziellen Gründen“, wie Breloer am Mittwoch in Köln bemerkte. Sondern in Prager Studios, wo die Arbeiten im Mai beginnen. Brechts Zeit im Exil wird weniger das Thema sein. Fernsehdirektor Jörg Schönenborn sprach dennoch von „einem der größten Projekte des WDR“, für das der Kölner Sender noch vier weitere (BR, SWR, NDR, Arte) mit ins Boot holte. Produziert wird der Zweiteiler von der Münchener Bavaria.

Für den vielfach preisgekrönten Breloer schließt sich ein Kreis. 1978 drehte er mit „Bi und Bidi in Augsburg“ seinen ersten Dokumentarfilm – über den jungen Brecht. Mit seinem zweiten Brecht-Film wartete Breloer bis zur „letzten Minute“. 25 Frauen und Männer hat er noch aufgetrieben, die Bertolt Brecht zu Lebzeiten kannten. 60 Stunden Dokumentar-Material hat er angehäuft. Material, das er den Archiven zur Verfügung stellen will. Im Film wird davon nur ein Bruchteil zu sehen sein. Nach den „Buddenbrooks“, einem reinen Spielfilm, kehrt Breloer zu dem von ihm geprägten TV-Genre Dokudrama zurück.

"Jeder trägt Brecht in der Seele"

Und welcher Brecht wird nun zu sehen sein? „Jeder trägt Brecht in seiner Seele“, behauptete Breloer, nannte den Dramatiker aber auch einen „unbekannten Kontinent“. Von seinem Privatleben habe Brecht nichts preis geben wollen. Allerdings ist einiges von Brechts privaten Vorlieben durchaus bekannt, zum Beispiel die für junge Schauspielerinnen. Brecht und die Frauen, „man muss das schon auch erzählen und nicht verschweigen“, erklärte Breloer. Breloer wird da, denkt man an seine früheren Filme, gewiss sehr akribisch herangehen. Brechts Zeitgenossen hat er nicht nur über Theater und Politik interviewt, er habe sie auch „ganz simple Sachen gefragt: Wie sprach er? Wie hat er gegrüßt? Hatte er ein Gebiss?“

Für die Herausforderung, Brecht zu spielen, hat Breloer mit Burghart Klaußner ein schauspielerisches Schwergewicht gewonnen. Er schätze an Breloer dessen „historisches Pathos“, sagte Klaußner, worunter er die „Empathie für eine Zeit und seine Genossen“ verstanden haben möchte. Die Rolle von Brechts Frau, der Schauspielerin Helene Weigel, hat Adele Neuhauser übernommen.

Außer auf Details aus dem Privatleben darf man auch auf neue Einsichten über Brechts Haltung zur DDR hoffen. Dass sich Breloer wieder mit Brecht beschäftigte, habe den Vorteil, sagte er, dass seine Zeitzeugen über eine „Altersradikalität“ verfügten und die Schweigegebote der DDR nicht mehr zählten. Nach dem Tod von Barbara Brecht-Schaller, der Tochter des Schriftstellers, hat sich offenbar auch die Lage an der Rechte-Front entspannt. Thomas Gehringer

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