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Den TV-Kachelmann soll es nicht mehr geben, nur den hinter der Kamera.

© picture alliance / dpa

Unschuldsopfer: Kachelmann will nie wieder Fernsehen machen

Jörg Kachelmann hat seine Bildschirmkarriere beendet. Nicht freiwillig, sondern gezwungen, wie der 52-Jährige meint. Staatsanwalt und Medien nennt der Wetterexperte als Verursacher.

Jörg Kachelmann hat seine BildschirmKarriere beendet. Nicht freiwillig, sondern gezwungen, wie der 52-Jährige meint. Staatsanwaltschaft und Medien hätten angebliche Details seines Privatlebens in die Öffentlichkeit gezerrt und ihm eine weitere Fernsehlaufbahn damit kaputt gemacht, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Das Kapitel Fernsehen ist dadurch für mich beendet worden.“ Der Wetter-Experte, der vor Gericht bestreitet, seine damalige Geliebte vergewaltigt zu haben, wolle in Zukunft hinter die Kamera wechseln und nur noch als Redakteur bei seinem Unternehmen Meteomedia AG arbeiten. Die Firma, die für das Erste und weitere Sender Vorhersagen macht, hatte er 1990 gegründet.

„Jörg Kachelmann hat uns im Vorfeld nicht informiert“, sagte eine Sprecherin der ARD- Programmdirektion am Mittwoch. „Es ist sein gutes Recht, als Privatmann über seine Zukunftspläne zu sprechen. Wir haben Kachelmanns Aussagen zur Kenntnis genommen, werden uns zum Fall aber erst nach Prozessende äußern.“ Die ARD-Verträge mit Kachelmanns Firma Meteomedia laufen nach Auskunft des Senderverbunds zunächst unverändert weiter. Die Quoten der Wetterprognosen im Ersten haben, seitdem Kachelmann nicht mehr auftritt, nicht gelitten; Sven Plöger, Alexander Lehmann und Claudia Kleinert haben Kachelmanns Termine übernommen. Dieser hatte bis zu seiner Inhaftierung vorwiegend vor der „Tagesschau“ um 20 Uhr und nach den „Tagesthemen“ spätabends Regen und Sonne prognostiziert. Den MDR hatte Kachelmann bereits Anfang 2009 darüber informiert, dass er die Moderation der Talkshow „Riverboat“ abgeben werde. Das war lange vor März dieses Jahres, als Kachelmann wegen angeblicher Vergewaltigung seiner damaligen Lebensgefährtin verhaftet wurde.

Jörg Kachelmann ist mit der Begründung für den TV-Rückzug seiner Verteidigungslinie treu geblieben. Er nennt sich unschuldig, und weil er unschuldig ist, tragen andere, also Medien und Staatsanwaltschaft, die Schuld an diesem Karriereende. Seinen eigenen Anteil scheint er zu übersehen. Nun ist Kachelmann Profi genug zu wissen, dass es auf dem Bildschirm mit dem „Blumenkohlwolken-Onkel wohl schwierig“ geworden wäre. Im Hinterkopf des Publikums hat sich, egal, wie der Prozess ausgeht, ein Kachelmann-Bild geformt, das bei jedem TV-Auftritt aktualisiert wird – Kachelmann, das ist der mit den vielen Frauen, der mit dem Vorwurf der Vergewaltigung. Manchen Zuschauer könnte das vom Wetter ablenken, manchen zum spontanen Abschalten bewegen. Abgesehen davon, dass sich die ARD keinesfalls die öffentliche und die Debatte in den Sendergremien zuziehen möchte, ob ein Moderator mit so einem inkriminierten Vorleben als gebührenfinanzierter Bildschirm-Arbeiter tragbar wäre. Auch der ehemalige Pro-Sieben-Moderator Andreas Türck, einst einer Vergewaltigung angeklagt und freigesprochen, fand keinen Sender mehr.

Für sein künftiges Privatleben hat sich Jörg Kachelmann einiges vorgenommen: „Ich war nicht immer treu, offen und ehrlich mit meinen Partnerinnen.“ Künftige Beziehungen will er monogam gestalten. Wo Kachelmann später wohnen wird, weiß er noch nicht, kann er ehrlicherweise nicht wissen, weil ihn möglicherweise eine Haftstrafe erwartet. „Vielleicht werde ich erst mal mit meiner Mutter zusammenwohnen“, sagte er. Auf jeden Fall wird er mit ihr Weihnachten verbringen. Für den Fall eines Freispruchs in seinem Prozess vor dem Mannheimer Landgericht hatte Kachelmann laut „Bild“ erwogen, in den US-Bundesstaat Oklahoma auszuwandern. Dort betreibt er eine weitere Wetterfirma. Er hat sich aber gegen Oklahoma entschieden. Das hätte auch im Falle eines Freispruchs nach Flucht ausgesehen, sagte Kachelmann. Das Urteil wird für den 21. Dezember erwartet. Joachim Huber

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