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Medien: „Unser Ziel heißt Piel“

WDR-Hörfunkdirektorin vor der Wahl zur Intendantin – Brender gibt auf

Die Frauen kommen in der ARD mächtig voran. Erst wurde Dagmar Reim Intendantin des RBB, jetzt steht Monika Piel vor der Wahl als neue Chefin des WDR. Die Hörfunkdirektorin der größten ARD-Anstalt ist haushohe Favoritin für den Wahltermin im WDR-Rundfunkrat am Montag. Ihr schärfster Konkurrent, ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, 57, hat am Freitag seine Bewerbung zurückgezogen, vom dritten Kandidaten, dem NDR-Justiziar Werner Hahn, 53, ist unklar, ob er am Montag antreten wird. Seine Chancen im 43-köpfigen Gremium sind dürftig.

WDR-Intendant Fritz Pleitgen, dessen Amtszeit offiziell am 30. Juni 2007 endet, zeigte sich „überaus zufrieden, dass es nun auf Monika Piel hinausläuft“. Die jetzige WDR-Hörfunkdirektorin genieße seine „große Wertschätzung“, so Pleitgen. Er selbst habe sie ermutigt, sich für das Amt des Intendanten zu interessieren. „Bei ihr bin ich sicher, dass sie den WDR gut und vor allem unabhängig führen wird.“ Pleitgen äußerte Verständnis für die Entscheidung von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, nicht mehr für das Amt des WDR-Intendanten zu kandidieren. „Er wäre sicher eine erstklassige Wahl gewesen“, erklärte Pleitgen.

Nikolaus Brender wäre am Montag in eine Niederlage gelaufen. Für Niederlagen steht er nicht zur Verfügung, zumal ZDF-Intendant Markus Schächter jedem Aspiranten aus der Führungsriege für höhere Aufgaben in fremden Sendern klar gemacht hatte, dass er ihn „beschädigt“ nicht werde zurücknehmen. Brender war signalisiert worden, dass sich die drei großen Gruppen im WDR-Rundfunkrat – CDU, SPD und die so genannten Grauen – auf die 55-jährige Piel festgelegt hätten. An einer „rein kosmetischen Wahl“ wolle er sich nicht beteiligen, im Übrigen halte er „Frau Piel für eine gute Intendantin“, sagte Brender dem Tagesspiegel und verwies auf die gute Zusammenarbeit, als er Fernsehdirektor des WDR war. „Ich habe mich zum ersten Mal in meinem Leben für etwas beworben, und es hat nicht geklappt. So ist das Leben.“ Als ihm am Donnerstagabend die Vorentscheidung für Monika Piel übermittelt worden sei, habe er „keine einzige trübe Minute“ gehabt.

Marc Jan Eumann, medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag und Mitglied im WDR-Rundfunkrat, sagte, nach intensiven Beratungen der Gewerkschaften und der parteipolitisch nicht fixierten Grauen, die sich überwiegend auf Piel festgelegt hätten, habe sich auch der SPD-Freundeskreis „einmütig für Frau Piel“ entschieden. In einer „schweren Situation“ habe der Rundfunkrat „in seiner Gesamtheit“ bewiesen, dass er in der Lage sei, „eine gute Lösung“ zu finden, sagte Eumann. Zwei Punkte stechen noch bei der Lösung ins Auge: SPD und die Grauen konnten eine Mehrheit gegen die im Land regierende CDU organisieren, mittlerweile heißt es, auch die CDU sei für Monika Piel. Zweitens hat sich kein Kandidat je dem gesamten Rundfunkrat vorstellen müssen, es gab via Findungskommission und Freundeskreise erfolgsversprechende Absprachen – Triumph der Hinterzimmer-Diplomatie.

Noch gegen Ende der Woche tobte hinter den WDR-Kulissen eine Art Wahlkampf. „Brender ist ein Blender, unser Ziel heißt Piel“, textete die energische Frauenlobby und erhielt ein „Auch Brender ist gender“ zur Antwort. Die von vielen Mitarbeitern des WDR favorisierte Monika Piel stünde für Kontinuität und Integration, heißt aus dem Sender.

Als künftige WDR-Intendantin ist die Hörfunkchefin die Lösung „aus dem Haus“. Sie arbeitet seit 30 Jahren für den Sender. Nicht nur die „WDR-Sozialisation“ hat sie mit Fritz Pleitgen, 68, gemeinsam. Auch er war Hörfunkdirektor, als er 1995 zum Intendanten gewählt wurde. Und Piel moderiert wie Pleitgen den ARD-„Presseclub“ (beim Vorgänger-Format „Internationaler Frühschoppen“ war sie Assistentin von Werner Höfer). Im Unterschied zu Pleitgen ist Piel aber keine „Fernsehfrau“. Auch wenn viele Leute ihr Gesicht aus dem „Presseclub“ kennen – ihr Schwerpunkt liegt beim Radio. Monika Piel, eine Frau von „kühler Eleganz“ und mit dem Oldie-Show-Moderator Roger Handt verheiratet, arbeitete für WDR 2, wurde dort Anfang 1996 Programmchefin und zugleich Chefredakteurin des WDR-Hörfunks. Seit Ende 1997 ist sie Hörfunkdirektorin. In diesem Amt übernahm sie die Struktur der fünf Radio-Wellen, die bereits Pleitgen als Hörfunkdirektor organisiert hatte. Ähnlich umfassende Reformen musste Piel nicht bewältigen, gründete aber das „Funkhaus Europa“, ein Integrationsradio mit Programmen in 18 Sprachen. Die „Radiofrau“ als Intendantin wird vor allem beim Fernsehen gefragt sein. Das Durchschnittsalter des Publikums von 61 Jahren macht dem Sender Sorgen, es zu ändern, wird viel Innovationskraft brauchen. Und dann die Personalien: Ein neuer Fernsehdirektor wird gesucht und – bei Wahl von Monika Piel zur WDR-Intendantin – ein neuer Hörfunkchef.

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