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Palin

© Tsp

US-Wahl: Der Image-Kampf

US-Medien ringen um das öffentliche Bild von McCains Kandidatin Sarah Palin. Je mehr versucht wird, sich ein Bild von ihr machen, desto widersprüchlicher ist der Eindruck, den die Öffentlichkeit von der Frau bekommt.

„Diese Seite ist vorübergehend gegen Bearbeitungen gesperrt, bis Streitigkeiten geklärt sind“, steht in dicken Buchstaben über der Seite des Internet-Lexikons Wikipedia. Es ist die Seite über Sarah Palin, die frisch gekürte Kandidatin der US-Republikaner für das Vizepräsidentenamt. Dieser Internet-Auftritt der 44-Jährigen steht im Zentrum eines Image-Kampfes, der in den US-Medien entbrannt ist. Dabei geht es um die Frage, wie das öffentliche Bild von einer Politikerin geformt wird, die bis vor kurzem kaum jemand kannte und die innerhalb weniger Tage zur Anwärterin für das zweitmächtigste Amt der Welt aufgestiegen ist.

Der Wikipedia-Streit begann am vergangenen Freitag, 15 Minuten bevor in den USA Gerüchte öffentlich wurden, dass sich der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain Palin als Vizekandidatin ausgesucht hat. Ein Redakteur der Wikipedia-Seiten, die von registrierten Benutzern fast unbeschränkt zu verändern sind, entdeckte, dass auf Palins Seite 30 Änderungen vorgenommen waren. Der neu registrierte Nutzer „Young Trigg“ hatte das Profil der Gouverneurin von Alaska vorteilhaft zu ändern versucht. Sie wurde als „Politikerin von erstaunlicher Integrität“ gelobt. Auch wurden unvorteilhafte Passagen über ihre Zeit als Schönheitskönigin und mögliche politische Einflussnahme bei der Entlassung ihres Schwagers aus dem Polizeidienst gestrichen. Als die Geschichte vom Radiosender NPR aufgegriffen wurde, machten sich Wikipedia-Nutzer daran, die Beschönigungen zu entfernen. Inzwischen wurde die Seite von der Wikipedia-Verwaltung vorübergehend gesperrt, um Manipulationen zu verhindern. „Young Trigg“ soll in einem Internet-Forum eingestanden haben, zum Team von John McCain zu gehören.

Der Fall illustriert ein Dilemma, in dem US-Medien stecken, seitdem vor einer Woche der Name Sarah Palin das erste Mal außerhalb von Alaska erwähnt wurde. Je mehr die Medien versuchen, sich ein Bild von ihr machen, desto widersprüchlicher ist der Eindruck, den die Öffentlichkeit von der Frau bekommt. Kevin Madden, Wahlkampfstratege der Republikaner, verglich die Personalie Palin mit einem Glas. „Im Moment ist es für die Öffentlichkeit noch leer – jetzt geht es darum, das Glas zu füllen.“ Das hat dazu geführt, dass sich nicht nur bei Wikipedia, sondern auch in US-Zeitungen und TV-Sendungen das Bild von Palin täglich geändert hat. Anfangs waren vor allem wohlwollende Porträts zu finden. Während den Republikanern nahestehende Medien von der politischen Erfahrung Palins schwärmten, verdunkelte sich in Zeitungen das helle Bild. So tauchten Indizien dafür auf, dass sich Palin nicht – wie behauptet – gegen eine als Steuerverschwendung angeprangerte Brücke in ihrem Wahlkreis engagiert, sondern für das Projekt Wahlkampf gemacht hatte. Auch wurde bekannt, dass die von den Republikanern als Vorkämpferin gegen Steuererhöhungen und staatliche Förderprogramme gepriesene Kandidatin in der Vergangenheit lokale Steuern erhöht hat. Damit wollte Palin Bauprojekte finanzieren. Und sie hat wiederholt Fördergelder im zweistelligen Millionenbereich aus Washington in ihren Wahlkreis geholt. Andererseits wurden von den US-Medien vermeintliche Fakten über Palin ausgebreitet, die sich als Falschmeldung herausstellten. So meldete die „New York Times“ am Dienstag, dass Palin von 1994 bis 1996 Mitglied der Unabhängigkeitspartei von Alaska war. Diese hat sich für eine Ablösung des Staates von den USA stark gemacht. Einen Tag später dementierte das Blatt. Die Meldung basierte auf einer Fehlinformation seitens der Unabhängigkeitspartei, es gebe keine Beweise für eine Mitgliedschaft Palins. Das dominierende Thema ist jedoch nicht Palins politische Vergangenheit, sondern ihre Familie. Genauer gesagt: der Rummel um Tochter Bristol, 17 Jahre alt, schwanger im fünften Monat, unverheiratet – was den Moralvorstellungen vieler Republikaner-Anhänger widerspricht und spät öffentlich bestätigt wurde; durch Presseanfragen provoziert, die durch einen anonymen Eintrag auf einer liberalen Website ausgelöst worden. Dort war behauptet worden, dass Sarah Palins jüngstes Kind nicht von ihr, sondern von Tochter Bristol stamme. Der Geschichte gingen Zeitungen und TV-Sender nach. Sie stellten den republikanischen Pressesprechern Fragen – und provozierten damit die Erklärung, dass Bristol im fünften Monat schwanger sei.

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