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Medien: Verführerische Beilagen

Mit Coupons wollen Verlage die Käufer in die Läden locken – und Auflage machen

Von M. Ehrenberg

Neulich im Briefkasten: ein Payback-Gutschein über 20 Prozent Rabatt für den Einkauf bei einer exquisiten Feinstrumpfhosenfirma.

Dummerweise konnte der Empfänger mit den Rabatt- Coupons nichts anfangen. Er ist männlich und alleinstehend. Dennoch zeigt das Beispiel, wie eine Welle mit verführerischen Werbemitteln durch das Land schwappt: Rabattmarken in Zeitungen und Zeitschriften, die den Leser mit vergünstigten Angeboten wieder verstärkt zum Käufer machen sollen. Damit das mit den Coupons nicht am Kunden vorbei geht wie bei den Feinstrumpfhosen, hat sich der Einzelhandel mit den Print-Medien einen Verbündeten ins Boot geholt. Deren Zielgruppen sind weitestgehend erfasst. Der Werbende weiß besser, was der treue Leser braucht oder brauchen sollte. So soll Couponing den gebeutelten Einzelhandel und die klammen Verlage wieder glücklich machen.

Geht das wirklich so einfach? Das glaubt zumindest der Axel Springer Verlag. Ab Oktober will der Verlag einmal im Monat mit der „Bild am Sonntag“ und der „Bild der Frau“ vier Millionen Exemplare der neuen Beilage „Cent-Plus“ verteilen, ein Heftchen mit Gutscheinen zum verbilligten Einkauf von Markenartikeln wie Joghurt, Waschmittel oder Mineralwasser. Auch aus dem Hause Bauer wird Mitte Oktober eine Couponing-Beilage in Frauen- und Programmzeitschriften erscheinen. Geplant ist die Aktion bei „Tina“, „Bella“, „Laura“ und „Auf einen Blick“. „Diese Titel erreichen im Kern die Haushaltsführenden und sind damit prädestiniert für das Thema Couponing“, sagt Matthias Körner, Geschäftsleiter in der Bauer Media KG.

Auch in der aktuellen „Petra“ finden sich erstmalig Rabatt-Coupons. Wertmarken bis zu 50 Prozent Rabatt für Mode, Accessoires, Kosmetik und Lifestyle-Produkte, die bei den jeweiligen Unternehmen bundesweit eingelöst werden können. „Ein Testballon“, sagt André Cabanis, Verlagsleiter im Jahreszeiten-Verlag.

Mit Billig-Shampoo und Feinstrumpfhosen auf Käuferfang – die US-Wirtschaft hat damit gute Erfahrungen gemacht. Dort gehört das Ausschneiden von Coupons zum alltäglichen Shopping. Die Coupons werden beim Einkaufen von Produkten einer bestimmten Marke an den Ladenkassen wie Bargeld abgerechnet. Nur wenige Unternehmen verzichten dort auf das neue Werbeinstrument. Jedes Jahr werden 240 Milliarden Coupons verteilt, rund vier Milliarden davon werden im Gegenwert von über drei Milliarden Dollar eingelöst. In Frankreich wurden 5,5 Milliarden Coupons verteilt, davon 300 Millionen eingelöst.

Von diesen Zahlen können Deutschlands Einzelhandel und Verlage erst mal nur träumen, auch wenn das Hamburger Beratungsunternehmen Loyalty schon vom „Marketingtrend 2002“ spricht. Hört man sich bei Verbrauchern um, kommt schnell das Argument, dass das Ausschneiden, Aufbewahren und Sammeln der Gutscheine viel zu anstrengend sei. Zudem können die Coupons, anders als in den USA, nur in bestimmten Einzelhandelsketten eingelöst werden. Markentreue wird nicht belohnt. Außerdem findet man/frau vor lauter Rabattschnipseln in den Handtaschen die wichtigen Sachen nicht mehr. Und schließlich: Warum soll man Sachen kaufen, die gar nicht benötigt werden? Es wird nicht mehr gekauft, was man braucht, sondern wofür man Coupons in der Zeitung gefunden hat.

„Die Erfahrungen aus Frankreich zeigen, dass Couponing erst vom Markt gelernt werden muss. Und zwar vom Konsumenten und vom Hersteller“, dämpft Uwe Dulias vom Verlag Hamburg Media Company (HMC) die Erwartungen. Couponing als den Werbetrend 2003 zu bezeichnen hält er für übertrieben: „Deutschland hat da noch den Status eines Entwicklungslandes. Die Fundamente, um Couponing massenmarktfähig zu machen, müssen erst noch gelegt werden“.

Dulias’ HMC entwickelt Coupon-Konzepte für Verlage und Unternehmen. Immerhin: Für die gedruckten Medien sei Couponing die große Chance, sich einen Teil des Werbekuchens vom Fernsehen zurückzuerobern. Nur interaktives Fernsehen kann den Zuschauern einen vergleichbaren Bonus-Vorteil bieten, und das steckt noch in den Kinderschuhen.

So richtig überzeugt dieses Argument offenbar nicht. Die Verlage Milchstraße („Max“, „Fit for fun“, „Amica“), Gruner + Jahr („Stern“, „Geo“, „Schöner Essen“) und Burda („Focus“, „Freizeit Revue“) halten sich beim Thema Couponing zurück. Tenor: Wir warten ab und beobachten den Markt. Dabei erfüllt gerade der Münchner Burda-Verlag mit Frauenzeitschriften wie „Lisa Familie“, „Lisa Kochen“ oder „Lisa Frisuren“ beste Voraussetzungen für sinnvolles Couponing: Mit den passenden Gutscheinen in den Handtaschen könnte jeder Supermarkt-Bestand reduziert – und der Einzelhandel angekurbelt werden.

Vielleicht ist Couponing auch nur ein flottes Marketinginstrument aus dem Hause Springer. Es ist eher unwahrscheinlich, dass Loyalty Recht damit hat, dass im kommenden Jahr sieben Milliarden Einkaufsgutscheine ausgegeben werden, ein Großteil davon in Zeitschriften. Ein Vorteil hätte das ja: Coupons für Feinstrumpfhosen landen dort, wo sie wirklich gebraucht werden.

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