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Medien: Verleger, Künstler, Visionär – und Badener

Felix Schmidt porträtiert für Arte Hubert Burda, den Herausgeber von „Bunte“ und „Focus“

„Ich bin jemand, der eigentlich auch mitten im Volk steht“, sagt der Verleger Hubert Burda am Ende des Films. Vierzig Minuten sind vergangen, bis dieser Satz fällt. Vierzig Minuten, die das Gefühl hinterlassen, Hubert Burda vielleicht immer noch nicht verstanden, aber doch begriffen zu haben. Zum Beispiel, wenn er von seiner Angewohnheit erzählt, frühmorgens, gleich wenn er wach wird, Gedichte zu lesen, weil die sprunghaften Assoziationsmuster der Lyrik besser zu ihm passen als Erzählungen. Dann ahnt man, wieso er im Gespräch manchmal vom einen aufs andere kommt, vordergründig abzuschweifen scheint, letztlich aber immer wieder zu dem Thema gelangt, das ihn gerade am meisten beschäftigt. Zurzeit ist das die Hirnforschung, auf die er im Film gleich in der zweiten Szene zu sprechen kommt.

Felix Schmidt ist das Porträt zu verdanken, das Arte heute Abend zeigt. Drei Tage lang begleitete der frühere Chefredakteur von „Welt am Sonntag“ und „Stern“ den Verleger von Zeitschriften wie „Bunte“, „Freizeit Revue“, „Lisa“ und „Focus“. Man sieht Hubert Burda auf einem Schiff auf dem Neckar an Heidelberg vorbeifahren, dort, wo er geboren wurde. Man sieht ihn durch die Straßen von Offenburg gehen, der Stadt, in der er als jüngster von drei Söhnen aufgewachsen und verwurzelt ist, an die sein badischer Zungenschlag erinnert, und über die er sagt: „Ich hab’ die Stadt gern und fühl’ mich verpflichtet, dass es der Stadt gut geht.“ Offenburg ist die Wiege des Burda-Verlags, gegründet von seinem Vater, den alle nur den „Senator“ nannten, und berühmt gemacht durch „Burda Moden“, dem Schnittbogen-Blatt seiner Mutter, der inzwischen 94-jährigen Aenne Burda.

Felix Schmidt zeigt auch jenen Hubert Burda, der am liebsten unterwegs ist. Gedanklich, aber auch physisch. „Management by walking“ nennt er das. Bei Burdas berühmten Spaziergängen ist nicht nur die Idee für „Focus“ entstanden. „Im Gehen findet man mehr Lösungen, als wenn man im Büro am Schreibtisch sitzt.“ Und dann erzählt Burda, wie das ist, wenn man den Bergen entgegengeht und die Unlust überwindet. In der ersten Stunde verfolgen einen noch die Themen, die einen die ganze Zeit beschäftigt haben, sagt er. Die zweite Stunde sei die der Anstrengung und des Keuchens. Doch in der dritten Stunde, wenn man den Gipfel erreicht, „da sieht man manches ganz klar“ – und hat im Meeting danach die Lösung.

Unterwegs ist Burda auch im übertragenen Sinn, zwischen zwei Welten, die für viele unvereinbar sind, für ihn aber zusammengehören. Hier sein wirtschaftlicher Erfolg in der Welt der bunten Blätter voller Grafiken, Klatsch und Tipps, etwa zur Pflege von Buchsbäumen. Dort die intellektuelle Sehnsucht nach Mehr, die sich in seiner Liebe zur Malerei, Kunstgeschichte und Literatur äußert. „Wie kannst du Zeitschriften machen, die wir gar nicht lesen?“, fragten ihn vorwurfsvoll die Intellektuellen, in deren Reihen sich der heute 63-Jährige als Student bewegte. „Diesen Widerspruch müssen die Leute akzeptieren“, sagt Hubert Burda und fragt, fast ein wenig verärgert: „Ein Verleger, der nicht in der Welt der Literatur und Kunstgeschichte lebt – was soll denn dem einfallen?“

Was Hubert Burda macht, macht er mit Leidenschaft, ohne Distanz und voller Ernst. Das gilt auch für seine Angewohnheit, samstagsfrüh zum Malen ins Atelier zu gehen. „Wer mich da stört, wird erschlagen.“

„Hubert Burda – Mein Leben“, Arte, 18 Uhr 15

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