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Der türkische Ministerpräsident Erdogan - ein Opfer deutscher Medien?

© Reuters

Verschwörung gegen Erdogan?: Türkische Regierung attackiert deutsche Presse

Erdogan-Berater nimmt insbesondere "Bild" und "Spiegel" ins Visier. Ziel ist es, den Premier als Opfer eines Komplotts darzustellen

Die türkische Regierung nimmt bei ihren Beschwerden über angebliche Verschwörungen gegen Ministerpräsident Erdogan auch ausländische Medien und besonders die deutsche Presse ins Visier. Erdogan-Berater Yigit Bulut drohte am Montag in einer Zeitungskolumne einem „Teil der deutschen Medien“, sie würden bald erfahren, dass es niemandem zustehe, den türkischen Staat und Erdogan „schamlos zu attackieren“. Bulut meint vor allem „Bild“ und „Spiegel“. Die Angriffe sind Teil der Bemühungen der Regierung, sich als Opfer eines Komplotts zu präsentieren.

Bulut schloss seine Attacke in der regierungstreuen Tageszeitung „Star“ mit den Worten: „Willkommen, große Türkei.“ Der 42-Jährige ist wirtschaftspolitischer Berater Erdogans und vertritt die These, dass die Türkei als aufsteigende Macht in einer neuen Weltordnung eine wichtige Rolle spielen wird, während Europa an Bedeutung verliert. Mehrmals hat Bulut in seiner „Star“-Kolumne für eine Abkehr der Türkei von der EU geworben.

Am Montag forderte der Berater in „Star“ eine Untersuchung „organischer Verbindungen“ zwischen deutschen und türkischen Medien. Damit meinte er die Zusammenarbeit zwischen dem Springer-Verlag und dem türkischen Medienkonzern Dogan, der in den vergangenen Jahren mehrmals den Zorn Erdogans auf sich gezogen hatte. „Bild“ hatte Erdogan vor dessen Deutschlandbesuch mit einem offenen Brief in türkischer Sprache verärgert, in dem der Premier als in Deutschland „nicht willkommen“ bezeichnet wurde. In Köln kritisierte Erdogan den „Spiegel“, weil in einer Überschrift des Magazins ein Bergmann nach dem Unglück von Soma mit dem Satz zitiert wurde: „Scher’ dich zum Teufel, Erdogan“. Der Korrespondent des Magazins Hasnain Kazim war kurz darauf wegen Morddrohungen zwischenzeitlich aus der Türkei abgezogen worden. Auch der US-Sender CNN ist zur Zielscheibe von Regierungskritik geworden.

CNN-Reporter Ivan Watson wurde am Samstag in Istanbul am Rande neuer Proteste um den Gezi-Park in einer Livesendung von Polizisten abgeführt. Auch die BBC wird häufig von der Regierung angegriffen; Erdogan warf dem türkischen BBC-Dienst vor, nach dem Unglück von Soma die Aussagen von Bewohnern der Stadt manipuliert zu haben. Die Erdogan-treue Zeitung „Takvim“ druckte eine Liste angeblich regierungsfeindlicher ausländischer Medien, in der unter anderem die „Bild“-Zeitung, der „Spiegel“, CNN und die BBC auftauchten. Thomas Seibert, Istanbul

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