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Medien: „Vielleicht ist das unsere kleine Rache“

Ein Film über die Gefühle Tourette-Erkrankter

Es gibt Krankheiten, die lösen Mitgefühl aus. Und solche, die als unerhört gelten. Das Fremde beängstigt den, der sich gesund nennt. Wie das Tourette-Syndrom: Menschen, die nicht krank aussehen, haben plötzlich Muskelzuckungen, ihre Gesichter verziehen sich zu Grimassen. Einige stoßen Laute hervor, andere fluchen unkontrolliert. Das grenzt aus.

So fragt ein Mann aufgeregt: „Wer ist denn derjenige, der immer so angeguckt wird draußen? Wer ist derjenige, der sich immer danebenbenimmt?“ Dieser Mann leidet am Tourette-Syndrom und die Regisseure Erwin Michelberger und Oleg Tcherny haben ihn mit fünf anderen am Tourette-Syndrom Erkrankten zusammengebracht, in einem Wald, zum Picknick. Drei Männer und drei Frauen. Sie werden nicht vorgestellt. Sie reden über ihr Leben, ihre Ängste, darüber, wie es ist, sich „da draußen“ zu behaupten. Sie springen von einem Thema zum anderen, lassen Gedanken und Tränen fließen. Doch die sechs Menschen sind Unbekannte. Deshalb fällt es nicht leicht, ihren Gedankensprüngen zu folgen, ihre Gefühlsausbrüche zu verstehen. Was der Film aber schafft: Er zeigt, dass Andersartigkeit nie per se Last ist, sondern von anderen zur Last gemacht wird, weil sie, die Gesunden, es als solche empfinden. So fragt einer aus der Runde schelmisch : „Vielleicht ist es ja unsere kleine Rache, wer weiß?“ Ja, wer weiß.

„Traumgewalten“, 3sat, 22 Uhr 25

Alice Bota

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