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Diese Maus ist schlauer als andere Mäuse. Und weil sie so schlau ist, arbeitet sie zwar fürs Fernsehen, informiert sich aber über die Zeitung. Eine schlaue Maus, gar keine Frage. Foto: WDR

© WDR/Schmitt-Menzel/Streich (M)

Von Mäusen und Menschen: Komm’, Papa, Fernsehen!

Herzlichen Glückwunsch: 40 Jahre „Die Sendung mit der Maus“ oder was eine der beliebtesten Figuren im Kinderfernsehen mit Thomas Gottschalk gemeinsam hat.

Das ist jetzt kein besonders schönes Geburtstagsgeschenk. Ausgerechnet zum 40-jährigen Jubiläum der „Sendung mit der Maus“ wird die beliebte Kindersendung am Sonntagvormittag im Ersten vom Wintersport verdrängt. Statt der angestammten Uhrzeit, 11 Uhr 30, läuft die „Maus“ heute in aller Herrgottsfrühe um 8 Uhr 35 in der ARD. Die Zielgruppe dürfte da allerdings auch schon munter unterwegs sein, und für die meisten Eltern und Kinder zwischen drei und zehn Jahren sind diese Lach- und Sachgeschichten ein Muss, ein wöchentliches Pflichtprogramm.

Auch die Maus wird die Verlegung in die Frühe verschmerzen, exakter Geburtstag ist sowieso erst am Montag, zudem es in Zeiten von Youtube im Internet jederzeit Gelegenheit gibt, über 2100 Clips mit der Maus abzurufen, ganz zu schweigen von diversen DVDs und CD-ROM-Spielen. Die Maus lebt, sie ist, wenn man sich im Bekannten-Familien-Kreis umhört, jünger und beliebter denn je, vor allem natürlich im Fernsehen. 1,9 Millionen Zuschauer schalten regelmäßig ein.

Eines der Erfolgsgeheimnisse der Maus ist nach Ansicht des Sachgeschichten-Machers Armin Maiwald, dass sie in 40 Jahren nie ein Wort gesprochen hat. „Die Maus quasselt nicht. Sonst wäre sie auch nicht so erfolgreich geworden. Sie ist ein stummer Moderator und Problemlöser. Sie hat außerdem die lustige Besonderheit, dass sie sich mal ein Ohr ausreißen kann oder den Schwanz abnimmt und ihren Bauch aufklappt.“ Ein weiteres Markenzeichen ist die Vorstellung der Themen der Sendung in einer Fremdsprache, gefolgt von einer Erklärung, wie zum Beispiel „Das war Norwegisch“ oder „Das war Türkisch“. Integration im Kinderfernsehen. „,Die Sendung mit der Maus’ schafft etwas, was nur wenigen Sendungen gelingt: Kindern Spaß zu machen und gleichzeitig pädagogischen Mehrwert zu bieten“, sagt Michael Gurt, Redakteur der Zeitschrift „Flimmo – Programmberatung für Eltern“.

Nach einer Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen beim Bayerischen Rundfunk (IZI) ist „Hannah Montana“ (Super RTL) in Deutschland die mit Abstand beliebteste Fernsehfigur der Mädchen. Bei den Jungen steht „SpongeBob“ (Nickelodeon) vorn. Die Maus hingegen funktioniert über Generationen. Auch wenn die Sendung für jüngere Kinder konzipiert ist, schalten regelmäßig Eltern und Großeltern mit ein. Nach Angaben des WDR liegt das Durchschnittsalter der Zuschauer bei knapp 40 Jahren. „Es gibt viele Zuschriften von Erwachsenen mit dem Tenor: Endlich habe ich begriffen, was ich in der Schule nie verstanden habe“, sagt Maiwald.

Vielleicht ist die Maus ja, Achtung Thomas Gottschalk, die letzte große Familiensendung im deutschen Fernsehen, ähnlich wie „Wetten, dass..?“ Die Sendung könne im Optimalfall die Familie vor dem Fernseher vereinen, sagt der Medienpädagoge und Journalist Gurt. „Vielen Eltern, die selbst mit der Maus aufgewachsen sind, ist es ein Anliegen, diese Tradition an ihren Nachwuchs weiterzugeben.“

Anfangs, in den 1970er Jahren, firmierte die Sendung als „Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger“. Das Prinzip ist mit der Titeländerung und der geselligen Erweiterung um einen Elefanten und eine Ente das gleiche geblieben. Die Bundesverdienstkreuz-Träger Maiwald sowie Christoph Biermann und seit 1999 Ralph Caspers erklären in kleinen Einspielfilmchen auf einfache Art und Weise komplexe Vorgänge und Themen. „Die Welt steckt voller Überraschungen. Auf manche muss man hingewiesen werden. Das machen wir“, sagt Caspers, der mit seiner dicken Brille kein Problem damit hat, „Klugscheißer“ genannt zu werden und im Schatten der Maus eine bemerkenswerte Karriere als Moderator hingelegt hat.

Bisher wurden 3630 Lach- und 2520 Sachgeschichten ausgestrahlt. Der Favorit des Autors (und seines vierjährigen Sohnes): Armin Maiwald erklärt mithilfe einer an einen Koffer angebrachten Kamera ein vollautomatisches Bahnhofsschließfach. Bei YouTube ganz oben mit über einer Million Abrufen steht der Clip, wo die orangene Maus und der blaue Elefant tagelang gemeinsam zum Briefkasten gehen, bis sich endlich auch der Elefant über einen Brief freuen darf, den ihm die Maus heimlich eingeworfen hat. Viel besser kann man Kindern Freundschaft, Nächstenliebe und Empathie nicht erklären. Viele Preise hat die Maus auf diese Weise ergattert, mehrfach den Bambi, die Goldene Kamera, den Grimme Preis, auch internationale Auszeichnungen.

Die Themen setzten oft die Kinder selber. Es gebe, so Maiwald, einen enormen Antwortbedarf. Wie ein Zylinder oder ein Kochtopf hergestellt oder Kaugummi gemacht wird. Jede Sendung erfordere viel Vorarbeit. Man müsse das Thema erst selbst begreifen, aber dann sei es noch lange keine Geschichte. „Wir müssen das so bauen, dass jedes kleine Kind die Schritte nachvollziehen kann.“

Erfunden hat die einzige Maus in Orange übrigens nicht Armin Maiwald, sondern die Illustratorin Isolde Schmitt-Menzel. Aus einer Buchidee „Die Maus im Laden“ wurde mit dem WDR zusammen „Die Maus“ entwickelt, 1971 die erste Sendung ausgestrahlt. Die mittlerweile 80-Jährige lebt heute in Texas: „Die Maus hat meinen Charakter: mein Denken, mein Fühlen, meine Fantasie, meine Kühnheit, meine Lustigkeit.“

Übrigens, so richtig feiern können Maus und Fans erst am kommenden Sonntag. Dann bekommt der Fernsehklassiker zum Geburtstag eine ganze Stunde Sendezeit, auf dem bekannten Platz in der ARD, von elf bis zwölf Uhr.

„Die Sendung mit der Maus“,

ARD, 8 Uhr 35; Kika, 11 Uhr 30

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