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Medien: Vorsicht! Werbung: Alles Pudding

"So geht das nicht", sagt der CCO zum Copywriter, "gerade bei dieser See-and-try-Ad muss die Basic Message unbedingt in die Head. Sonst korrespondiert die Copy nicht mit dem Key Visual.

"So geht das nicht", sagt der CCO zum Copywriter, "gerade bei dieser See-and-try-Ad muss die Basic Message unbedingt in die Head. Sonst korrespondiert die Copy nicht mit dem Key Visual." Frei übersetzt: Der Obermufti einer Werbeagentur befiehlt seinem Lohnschreiber, eine Überschrift zu verschlimmbessern. Ein höchst banaler Vorgang also, dessen Ergebnis tumbe Reklame ist. Das weiß auch der CCO, der Chief Creative Officer. Darum redet er nicht wie Sie und ich. Sondern schmeißt jede Menge Anglizismen durch den Raum. Die Anzeige wirkt zwar immer noch wie hinten aus dem Hund. Aber mit Anspruch.

Sollte der Copywriter aufbegehren, gibt es einen Exkurs in moderner Kriegsführung: "Unsere strategische Planung hat die Stoßrichtung der Kampagne unmissverständlich vorgegeben. Wir müssen die Convenience, also die sekundenschnelle Zubereitung, penetrieren und damit die Verbraucher hier, sehen Sie bitte hin, hier, voll zwischen die Augen treffen. Nur so kann unser Kunde den Puddingmarkt in Berlin zurückerobern." "Zwischen die Augen? Wäre Bauch nicht besser?" "Unser Feind sitzt in Bielefeld. Er hat mit seiner Home-Made-Strategie 35 Prozent des Pudding-Markts besetzt. Wenn wir da einen Keil reintreiben wollen, kann das nur die Penetration der Convenience sein." "Das mag ja stimmen. Aber Penetration klingt für mich - von anderem mal abgesehen - wie, na ja, als würden wir den Müttern und Kindern unseren Pudding ständig in die Schnauze hauen." "Lassen Sie bitte die Wortklauberei. Wir befinden uns gemeinsam mit dem Kunden in der Defensive. Wenn wir nicht einen gezielten Gegenschlag führen, können wir uns den Pudding an die Backe schmieren. Und den Werbeetat gleich dazu."

So kam es, dass die Berliner monatelang mit Convenience-Anzeigen bombardiert wurden.

Reinhard Siemes

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