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Medien: „Was soll sich ändern?“

UFA-Chef Bauer über Folgen von Springers TV-Einstieg

Springer behauptet, der Zeitpunkt zum Kauf von Pro Sieben Sat 1 sei optimal, weil der Werbemarkt wieder wachsen werde. Teilen Sie diesen Optimismus?

In anderen Ländern Europas entwickelt sich die Werbekonjunktur dieses Jahr durchaus positiv. Leider nicht in Deutschland. Das hat konjunkturelle, aber auch psychologische Gründe. Die Verbraucher sind offenbar stark verunsichert.

Also kein Wachstum?

Ich wage keine Prognose. Aber sicher ist, dass sich die Medien stark ausdifferenzieren werden. Im Fernsehmarkt entstehen neue Kanäle – diese Woche hat NBC Universal seinen Spartenkanal „Das Vierte“ angekündigt. Da kommen weitere hinzu, vor allem im digitalen Bereich. Deshalb verlieren die großen Sender ARD, ZDF, RTL, Sat 1, Pro 7 Marktanteile: Zwischen 2001 und 2005 ist ihr Anteil am Gesamtmarkt von 55 auf 50 Prozent gesunken.

Sinkender Marktanteil bedeutet sinkende Werbeerlöse…

Nicht unbedingt. Die großen Sender haben den Vorteil, dass sie die einzigen verbleibenden elektronischen Massenmedien sind, die Millionen Menschen und nicht nur ein Spartenpublikum erreichen. Das können sie ihren Werbekunden in Rechnung stellen. Aber der große Trend ist unübersehbar: Der Nettowerbeumsatz der TV-Sender ist in den vergangenen fünf Jahren um 20 Prozent gesunken. Erfahrungen aus den USA zeigen allerdings auch, dass große Sender vom Werbemarkt einen erheblichen Bonus für ihr Massenpublikum bekommen.

Wird sich nach dem Zusammengehen von Springer und Pro Sieben Sat 1 das Gefüge des deutschen Medienmarktes ändern?

Was soll sich ändern? Wir haben die gleichen Sender – nur einen neuen Gesellschafter.

Aber es wird erwartet, dass der neue Konzern eine ganz andere crossmediale Werbemacht hat, also mit Print- und TV-Marken einen höheren Werbedruck aufbauen kann als andere.

Das muss noch bewiesen werden. Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen funktionieren so unterschiedlich, dass es bisher noch keinen Beweis für die wirtschaftliche Durchschlagskraft crossmedialer Verknüpfungen gegeben hat.

Die werbetreibende Wirtschaft wünscht sich aber genau das.

Nun, der integrierte Springer-Konzern wird unter Beweis stellen müssen, ob es ihm gelingt. Entweder Springers Wette geht auf, und er kann Anteile am Werbemarkt hinzugewinnen. Oder die Erwartungen lassen sich nicht erfüllen – dann bleibt immer noch das profitable Geschäft der einzelnen Konzernteile. Synergiepotenziale sind in der Vergangenheit oft überschätzt worden.

Warum?

Schauen Sie sich andere große Medienkonzerne an. News Corporation zum Beispiel hat auch verschiedene Print- und elektronische Medien. Mir ist nicht bekannt, dass der Konzern deshalb höher und schneller fliegt als andere. Oder Viacom: Das Unternehmen entflechtet seine Struktur gerade wieder. Wollen die verschiedenen Medien am Markt jeweils erfolgreich sein, müssen sie sich unabhängig voneinander bewähren.

Wird der Medienkonzern Springer Pro Sieben Sat 1 mehr selbst produzieren und weniger Filme oder Soaps bestellen?

Immer dann, wenn Sender selbst produzieren wird es teurer, als wenn sie sie sich Programme von Produzenten zuliefern lassen. Sender- und kreatives Produktionsgeschäft sollten getrennt agieren.

Die UFA ist auch Teil der RTL-Gruppe.

Aber wir sind vollständig getrennt von den Sendern der RTL-Group. Wir haben lediglich den gleichen Gesellschafter. Und das ist für beide Seiten essenziell wichtig. Nur so können beide Aktivitäten im Markt erfolgreich sein.

Können Sie sich vorstellen, in Zukunft eine Soap für Bild-TV zu produzieren?

Vorstellbar ist alles. Wir produzieren in etwa gleichen Teilen für alle großen Sender, private und öffentlich-rechtliche. Wir stehen auch für Bild-TV zur Verfügung.

Das Gespräch führte Henrik Mortsiefer

Wolf Bauer, Jahrgang 1950, ist Geschäftsführer der Bertelsmann-Tochter UFA,

die Krimis wie „Bella Block“ und Vorabendserien wie „Verbotene Liebe“ oder „Verliebt in Berlin“ produziert.

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