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Medien: WAZ setzt die Axt an

260 Stellen werden bei vier Zeitungen gestrichen

Der in diesem Jahr wohl größte Kahlschlag in der deutschen Zeitungslandschaft ist beschlossen. Die WAZ-Mediengruppe streicht fast 260 Stellen. Das sind knapp 30 Prozent der rund 890 Arbeitsplätze in Verlag und Redaktion bei „Westdeutscher Allgemeine Zeitung“ (WAZ), „Westfalenpost“ (WP), „Westfälischer Rundschau“ (WR) und „Neuer Ruhr/ Neuer Rhein-Zeitung“ (NRZ). Besonders betroffen sind die Lokalredaktionen der Blätter, mehr als 200 Stellen fallen hier weg. Auf betriebsbedingte Kündigungen soll jedoch möglichst verzichtet werden, kündigten die beiden Geschäftsführer der WAZ, Bodo Hombach und Christian Nienhaus am Freitag an, als sie die Sparpläne bei einer Betriebsversammlung in einem Kino in Essen vorstellten.

Ab März 2009 sollen die Umstrukturierungsmaßnahmen, die für die WAZ von der Unternehmensberatung Schickler ausgearbeitet wurden, spätestens umgesetzt werden, heißt es. Ob betriebsbedingte Entlassungen jedoch allein durch Altersteilzeitangebote und Teilzeitarbeit für jüngere Mitarbeiter vermieden werden können, bezweifeln Mitarbeiter. Denn an einigen Orten, wo zwei oder mehr WAZ-Titel vertreten sind, will der Verlag nur noch eine Redaktion für die bisher getrennt arbeitenden Blätter schaffen. In einer solchen Zentralredaktion werden kaum alle Kollegen einen neuen Platz finden, fürchten Redakteure. Konkrete Angaben, welche Lokalredaktionen zusammengelegt werden sollen, machten die Geschäftsführer am Freitag nicht.

Horst Röper, Zeitungsforscher vom „Formatt“-Institut, ist über die Pläne entsetzt: „Das ist eine Katastrophe. Die Zahl der Kreise, in denen es nur noch eine Zeitung gibt, wird sprunghaft steigen, die journalistische Vielfalt geht verloren.“ Ohne Wettbewerb drohe das Niveau zu sinken. Auch das erneut bestätigte Vorhaben, eine gemeinsame Mantelredaktion für drei der vier in Nordrhein-Westfalen erscheinenden Titel zu produzieren, findet Röper fatal. „Am Ende könnte eine Einheitszeitung entstehen.“

Zurzeit gestalten bei den vier Blättern jeweils rund 60 Mitarbeiter einen eigenen Mantelteil. Schon bald sollen aber etwa 85 Redakteure die einzelnen Titel von einem zentralen „Content-Desk“ aus mit Inhalten versorgen. Die vier einzelnen Titel sollen jeweils eigene Mantelredaktionen mit zwölf Redakteuren unterhalten. Röper bezeichnete die Pläne als „den größten Konzentrationsfall in der deutschen Zeitungslandschaft, den wir bezüglich des redaktionellen Angebots je hatten.“

Im Oktober hatte die WAZ-Gruppe Einsparungen von etwa 30 Millionen Euro angekündigt. Von den vier in NRW erscheinenden Titeln sei einzig die „WAZ“ profitabel. Nach der Versammlung am Freitag wollen die Betriebsräte nun mit Belegschaft und Geschäftsführung bis Ende Januar „möglichst sozial verträgliche“ Konzepte zur Umsetzung des Sparkurses erarbeiten.

Umstritten ist auch eine am Donnerstagabend bekannt gewordene Personalentscheidung in der WAZ-Gruppe: Malte Hinz, bisher Betriebsratsvorsitzender der „WR“, wird die bisherige Chefredakteurin Kathrin Lenzer ablösen, die nach nur elf Monaten gekündigt hat. sop

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