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Medien: „Wen sollen wir noch im Auge haben?“

Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff über die Absage von Günther Jauch und die Christiansen-Nachfolge

Herr Raff, können wir mal diesen „ausgehandelten“ Vertrag der ARD mit Günther Jauch sehen, aus dem November?

Es wird doch kritisiert, wie viele von uns sich öffentlich zum Thema Jauch äußern. Da können wir doch nicht die Vertragsentwürfe öffentlich machen.

Alle rätseln, was in dem Vertrag stehen mag, wie windelweich der sein muss, wenn der so viel Interpretationsspielraum zulässt, von Seiten der ARD und von Jauch.

Nein, der Reihe nach. Wir hatten Ende November die Intendantensitzung. Der NDR hatte bis dahin federführend für den Sendeplatz von „Sabine Christiansen“ die Gespräche mit Günther Jauch geführt. Wir haben dort die ausgehandelten Eckpunkte abgesegnet und noch zwei Bitten an den NDR geäußert, die nachverhandelt werden sollten: die Zuordnung der Jauch-Sendung zur ARD-Chefredaktion und dass Herr Jauch sich doch bereit erklären sollte, wenn „stern tv“ ausläuft, ein zweites journalistisches Format in der ARD zu übernehmen.

Das Nachkarten hat Jauch offenbar nicht gefallen.

Über diese beiden Punkte führten Herr Pleitgen und Herr Struve im Dezember ein Gespräch mit Günther Jauch. Der bat sich Bedenkzeit aus. Und gestern hat er die Überlegungen abgeschlossen und uns seine Entscheidung mitgeteilt.

Jauchs Absage ist ein Riesen-Imageverlust für die ARD. Die ARD ist in heller Aufregung. Vorwürfe gehen hin und her, was das Verhandlungsgeschick der ARD-Oberen betrifft. Ihre Intendanten-Kollegin Dagmar Reim sagte, die ARD erfülle die trübsten Klischees, die über sie im Umlauf sind. Es fiel sogar das Wort „Sabotage“.

Ich habe niemanden gesehen, der sabotiert. Ich verstehe aber durchaus, dass man in der ersten Erregung sehr scharf formuliert. Man kann sicher darüber diskutieren, inwiefern es sinnvoll ist, dass Kollegen öffentlich eine gewisse Skepsis gegenüber Günther Jauch formuliert haben. Aber das ist doch auch natürlich, wenn ein herausragender Protagonist des Fernsehens sowohl ein Standbein im öffentlich-rechtlichen als auch im kommerziellen System haben soll. Bei neun Rundfunkräten, neun Intendanten und neun Verwaltungsräten können Sie nicht erwarten, dass es niemand gibt, der darüber diskutieren möchte.

Sie sind ja auch nicht ganz unschuldig. Ist es besonders klug und stilvoll, jemanden einzuladen und zugleich zu sagen, wenn er nicht kommt, ist auch nicht schlimm

Sie meinen mein Interview im „Spiegel“? Herr Jauch hat mir geschrieben und auch gewürdigt, dass ich mich immer positiv über ihn geäußert habe. Das war auch so im „Spiegel“-Interview. Ich habe einfach gespürt, dass es Verhandlungs-Hürden gibt. Ich musste die Sache einfach etwas erden. Wir können doch nicht mit jemanden verhandeln und gleichzeitig sagen: Wenn das nicht zustande kommt, dann haben wir verloren. Das würde ja bedeuten: Wir akzeptieren alles. Auch zur Fußball-EM 2008 sagen wir: Wenn die mit dem Preis nicht runtergehen, machen wir das nicht.

Sie haben gestern gesagt, das Tischtuch zwischen Jauch und der ARD wäre nicht endgültig zerschnitten. Wie nähen Sie das zusammen?

Wenn man heute nachliest, wie Herr Jauch und wir uns zu dem Vorgang äußern, merkt man, wie vernünftig das passiert und wie wir auch in Zukunft miteinander umgehen wollen. Wir haben gestern kurz telefoniert.

Ein gutes Telefonat?

Ein vernünftiges Telefonat.

Vielleicht geht Jauch ja auch zum ZDF, mit dessen Intendant Markus Schächter hat er ja schon früher gesprochen.

Ich will jetzt nicht spekulieren, ob es da kurzfristig eine Veränderung gibt.

Zu Ihrem neuen Job: Ist die ARD jetzt nicht in ihrer größten Krise? Wie können Sie als ARD-Vorsitzender garantieren, dass man da wieder rauskommt?

Mit einer Schaltkonferenz der Intendanten heute haben wir schnell reagiert. Da haben wir uns einvernehmlich auf das weitere Vorgehen verständigt. Das Wichtigste ist, dass wir keine öffentliche Personaldiskussion führen.

Schade eigentlich. Frank Plasberg…

Es ist Sache der Programmdirektoren unter der Leitung von Günter Struve, uns Vorschläge zu unterbreiten. Am Dienstag in Frankfurt wird die Fernsehprogrammkonferenz des Senderverbunds die Nachfolge von „Sabine Christiansen“ diskutieren. Am 6. Februar werden wir Intendanten mit ziemlicher Sicherheit eine Entscheidung bekannt geben. Ich erwarte einen entsprechenden Vorschlag des für den Sendeplatz federführenden Intendanten Jobst Plog.

Offenbart der Fall Jauch nicht ein grundsätzliches Problem der ARD. Ein System der grauen Runkfunkräte hier, ein souveräner Star da. Herr Plog ist sehr pessimistisch und fragt: Welcher Star kommt bei so viel Stimmen- und Entscheidungswirrwarr überhaupt noch zur ARD?

Entschuldigen Sie, das System der föderal konstruierten ARD kann doch nicht wegen so eines Vorgangs grundsätzlich in Frage gestellt werden. Wir können höchstens intern überprüfen, wie wir bei solchen Vorgängen agieren. Wer wird an welcher Stelle eingebunden, wer verhandelt abschließend. Andererseits: Welchen Star sollen wir denn noch im Auge haben? Haben Sie noch eine Empfehlung für mich?

Das Interview führte

Markus Ehrenberg.

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