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Medien: Wenn es in Persien pilchert

Sehr viel Pomp, sehr wenig Tiefgang – das bietet der ARD-Zweiteiler „Soraya“

Historische und politische Stoffe auf die Leinwand oder den Bildschirm zu bringen, ist seit einiger Zeit in Mode. Nach „Das Wunder von Lengede“ oder gar „Napoleon“ folgt jetzt „Soraya“. Die deutsch-italienische Koproduktion (unter anderem Rai Uno, ORF und ARD Degeto) lief bereits in Italien und konnte bei Rai Uno einen Marktanteil von 33 Prozent und eine Quote von 9,5 Millionen Zuschauern verbuchen. Was muss Monopolist Berlusconi da zufrieden gewesen sein. Stolze, satte Zahlen.

Zahlen, die der Zweiteiler hier zu Lande wohl kaum erreichen dürfte. Denn „Soraya“ ist alles andere als das für die Pfingsttage avisierte TV-Highlight. Das hat verschiedene Gründe. Da sind zunächst die Darsteller: Jene namhaften Akteure wie Claude Brasseur, Michele Placido oder Mathilda May, die allesamt nur in Nebenrollen zu sehen sind und seltsam unambitioniert durchs Bild gehen. Ganz zu schweigen von der einst großen Sydne Rome und von der Deutschen Anja Kruse (mit blond gefärbtem Haar) als Sorayas Mutter, die beide zu bloßen Stichwort-Gebern geraten sind. Es wirkt alles ein wenig beschämend.

Bleiben die Hauptdarsteller, die junge Italienerin Anna Valle („Ein Leben für den Frieden“) in der Rolle der Soraya, und Erol Sander („Alexander der Große“) als Schah von Persien. Beiden wird von der Inszenierung des italienischen Fernsehregisseurs Lodovico Gasparini („Lourdes“) ein mimisches Spektrum abverlangt, das, wenn es denn hoch kommt, maximal zwei Varianten zu bieten hat: Himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt.

Beiden Varianten steht es gut an, hie und da ein Tränchen rollen zu lassen. Zumal die wahre Geschichte ein wirklich traurig-tragisches Aschenputtel-Märchen ist: Soraya, eine junge deutsch-persische Frau, die mit ihren Eltern im Exil des 50er-Jahre-Deutschland lebt, wird auf einem Empfang von Prinzessin Chams, der Schwester des Schahs Mohammed Reza Pahlevi, nach Teheran eingeladen, dem Ort ihrer eigenen Kindheit. Dort begegnet Soraya alsbald dem Schah, der durch ein Foto der filigranen Schönheit schon vorab in Verzückung und Schwärmerei ausgebrochen ist. Sie sehen sich, und sie verlieben sich ineinander. Da der Schah eines männlichen Nachfolgers und Thronerben bedarf, will er rasch heiraten und Kinder zeugen. Nach der prunkvollen Hochzeit im Februar 1951 kommen die Probleme: Die Nahostkrise und die Debatte um die Ölquellen kulminieren, während Soraya partout nicht schwanger wird. Was als Märchen begann, endet in Trennung und Tragik. Im Oktober 2001 stirbt Soraya in Paris.

Vielleicht trug das Projekt „Soraya“ ja anfangs durchaus die Chance in sich, ein guter, solider Film über eine Dynastie, über ein Herrschaftssystem zu werden: Eine Liebesgeschichte zwar, gewiss, aber eben auch ein politisch-historisch motivierter Film, der nicht entschärft und verharmlost und zum Mythos glorifiziert, sondern kritisch betrachtet, mit gesunder Distanz. Stattdessen wählte man das massenkompatiblere Seichte-Welt-Genre „Rosamunde Pilcher in Persien“, protzte und klotzte zwar mit Ausstattung und Kostüm und exotischen Locations in Marokko, Italien, Bulgarien und Deutschland – aber die Form allein macht bekanntlich noch keinen Inhalt. Und mal ist im dünnen Drehbuch von Jacqueline Feather und David Seidler die Rede von Persien, dann wieder vom Iran. Ganz zu schweigen von unsäglichen Dialogen, die hart an der Kitsch-Schmerzgrenze liegen („Der Preis einer Frau ist ihr Verlangen“) und den Film genau in jene Yellow- Press-Nähe bringen, die das spätere Leben der einsamen Jet-Setterin Soraya eintrübte. Das kann und sollte nicht das Anliegen eines solchen Filmes sein.

Interessanterweise kam kurz vor der ARD-Ausstrahlung auch das dickleibige Buch „Erinnerungen“ der Ex-Kaiserin Farah Diba-Pahlevi auf den Markt. Derzeit ist sie auf Promotion-Tour durch Europa. Pure Koinzidenz? Diba-Pahlevi heiratete den Schah 1959, der sich 1958 von Soraya hatte scheiden lassen, und wurde 1967 zur Kaiserin gekrönt. Der Schah starb 1980. Farah Diba-Pahlevi dürfte nunmehr die Einzige sein, die authentisch über all das zu berichten weiß. Und manchmal ist Lesen eben doch besser als (Fern-)Sehen.

„Soraya": ARD, Freitag und Sonntag, 20 Uhr 15

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