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Medien: Wer wird Minister?

Die Programmzeitschrift "Hörzu" hat ausgerechnet, dass der Moderator Günther Jauch im vergangenen Jahr etwa 300 Stunden lang im Fernsehen aufgetreten ist. 2002 wird es eher noch mehr.

Die Programmzeitschrift "Hörzu" hat ausgerechnet, dass der Moderator Günther Jauch im vergangenen Jahr etwa 300 Stunden lang im Fernsehen aufgetreten ist. 2002 wird es eher noch mehr. Denn Jauch übernimmt, zusätzlich zu "Stern TV", zu "Wer wird Millionär?", zu seinen Sportsendungen und Jahresrückblicken noch einen weiteren Job, die "Grips-Show". Die gleiche Zeitschrift hat unter den Zuschauern eine Umfrage veranstaltet - welches Gesicht man sich noch öfter im Fernsehen wünsche. Platz eins, mit 38 Prozent: Günther Jauch. Es folgen Thomas Gottschalk (20 Prozent), Johannes B. Kerner (19) und Reinhold Beckmann (14). Was folgt daraus? Von dem großen Fernsehjournalisten Hanns Joachim Friedrichs stammt die These, dass derjenige, der oft auf dem Bildschirm zu sehen ist, bei den Zuschauern zwangsläufig beliebt wird. Friedrichs sagte das aus Bescheidenheit. Seine These stimmt nicht in jedem Einzelfall - wer zu intellektuell oder allzu schrill wirkt, wird nie mehrheitsfähig. Aber im Großen und Ganzen hatte Friedrichs Recht. Wen sollen die Leute sich auch wünschen, wenn nicht die Gesichter, die sie kennen? Irgendwann nutzt es sich ab. Aber das dauert. Ziemlich lange scheint der Typus "erfolgreicher Moderator" wie ein Perpetuum Mobile zu funktionieren - eine Maschine, die ihre Energie aus sich selbst schöpft. Am erfolgreichsten wäre womöglich ein Spartensender, der 24 Stunden lang nur Jauch bringt, oder nur Gottschalk. Aber die wichtigste Erkenntnis aus der Jauch-Story von "Hörzu" ist eine andere, ziemlich erschüttende. Günther Jauch erzählt, dass er sein Potsdamer Haus normalerweise am Dienstagmorgen verlässt und meistens am Donnerstagabend wieder zu seiner Familie heimkehrt. Außer, wenn am Wochenende ein Sport-Großereignis nach ihm verlangt, hat er eine Drei-Tage-Woche. In dieser Zeit also moderiert er Deutschland flächendeckend zu. Das geht, erklärt Jauch, wenn man seine Tage diszipliniert organisiert und die Konferenzen kurz hält. Allerdings habe er im Jahr nur zwei Wochen Urlaub am Stück. Drei Tage Arbeit pro Woche. Und trotzdem Millionär. Dürfen wir kurz mal ein bisschen neidisch sein? Wenn wir mit dem Neidischsein fertig sind, schreiben wir einen Brief an den Bundeskanzler. Er soll Günther Jauch zum Minister machen und soll ihn diese schwerfällige deutsche Wirtschaft reorganisieren lassen. Das tut er dann am Freitagmorgen.

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