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Werbekampagne: "Du bist Deutschland"-Macher begeistert

Nationalistisch oder überfällig? Selbstbewusst, anpackend oder einfach nur platt? Kaum eine Werbekampagne hat die Gemüter in Deutschland so erhitzt wie "Du bist Deutschland".

Berlin - Die Initiatoren der Kampagne, 25 führende Unternehmen der deutschen Medienwirtschaft, sind mit dem Ergebnis zufrieden. «Wir sind extrem begeistert», sagt der Sprecher von «Du bist Deutschland», Lars Cords, nach 100 Tagen Laufzeit.

Die Kampagne für mehr Eigenengagement, Mut zum Risiko, Leistungsbereitschaft und gegen Pessimismus ist das Größte, was die deutsche Werbung jemals ohne kommerziellen Hintergrund auf die Beine gestellt hat. Mit 30 Millionen Euro beziffern die Initiatoren den Gesamtwert der Anzeigen, Fernseh- und Kinospots. Alle Mitwirkenden wie Agenturen, Sender, Tageszeitungen und Prominente - von Gerald Asamoah über Günther Jauch und Marcel Reich-Ranicki bis Katharina Witt - verzichteten auf Honorar und stellten Werbeplätze kostenlos zur Verfügung.

Das Echo ist unterschiedlich. Auf weit über 50 Prozent taxieren die Initiatoren die Zustimmung und stützen sich auf Zahlen der Marktforschung. Das Lager der Gegner ist zwar deutlich kleiner, dafür aber laut. In einer Art «Beißreflex» habe das gesamte deutsche Feuilleton die Kampagne verurteilt, sagt Cords. Ein Beweis dafür, dass die Presselandschaft in Deutschland in Ordnung ist, findet Michael Trautmann, für die werbliche Seite verantwortlich. Schließlich hätten die Journalisten gegen eine Initiative ihrer eigenen Verleger angeschrieben.

Kritiker, auch aus der Wissenschaft, sehen in «Du bist Deutschland» neoliberale Züge, die in der Absicht gipfelten, Volkes Willen dem Gewinnstreben der Wirtschaft unterzuordnen. Andere sehen nationalistische Ansätze. «Denn Du bist Deutschland» stand schon einmal unter einem Hitler-Bild. Oliver Voss, kreativer Kopf der Kampagne und Erschaffer des Slogans, sieht in der Kritik nichts Negatives: «Dinge, die keinen Gegenwind erzeugen, bewegen auch nicht wirklich etwas.» Auch Bernd Bauer, früherer Kommunikationschef von Bertelsmann und Mitinitiator der Kampagne, sagt: «Jeder der sich kritisch mit dem Thema auseinander setzt, setzt sich zumindest damit auseinander. Und das ist gut.»

Trotz stellenweise heftiger Nadelstiche, einiger Auswüchse - auf Autos des Werbeschaffenden Holger Jung wurde in Hamburg ein Anschlag verübt -, mancher Beleidigung und satirischer Behandlung im Bereich der Gürtellinie («Du bist fett!»): Für Cords und seine Kollegen sind gerade ihre Gegner «Deutschland». Es gehe darum, eine Debatte loszutreten über die Frage: «Wie viel Staat braucht der Bürger und wie viel Eigeninitiative soll er ergreifen?»

Die Macher beantworten dies klar. «Frage nicht, was die anderen für Dich tun können. Du bist die anderen!» heißt es im Manifest. «Wir sind davon überzeugt, dass Anstrengungen eines jeden einzelnen notwendig sind, wenn sich wirklich etwas ändern soll», ist Gunter Thielen, Vorstandschef des größten europäischen Medienkonzerns, Bertelsmann, überzeugt. Er hatte einst die Idee geliefert und einen Schulterschluss in der Medienbranche erzeugt.

Mit Stolz erfüllt die Kampagnen-Macher, dass auch Politiker den Grundtenor in wichtigen Reden aufgriffen. «Lasst uns mehr Freiheit wagen», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer ersten Regierungserklärung und fügte in ihrer Silvesteransprache hinzu: «Wie wäre es, wenn wir uns heute Abend das Ziel setzen, im kommenden Jahr überall noch ein wenig mehr als bisher zu vollbringen?». Und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) griff in seinem Neujahrsappell für mehr Eigenverantwortlichkeit sogar fast wörtlich den Slogan auf: «Wir sind Deutschland», sagte er.

Viele örtliche Initiativen haben sich inzwischen gegründet, von «Ich bin Elmshorn» bis «Du bist Bamberg». Im Sinne des Kampagnen- Mottos wollen sie ihren kleinen Teil zur Verbesserung des Ganzen beitragen. Wenn die Werbemaschinerie Ende Januar ihren Betrieb in 40 Zeitschriften, 21 Tageszeitungen, elf Fernsehsendern, 1866 Kinos und auf weit über 2000 Plakatwänden herunter fährt, soll es dennoch weitergehen. «Wir überlegen gerade, wie die Phase II aussehen könnte», sagt Cords. (Michael Donhauser, dpa)

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