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Medien: Werbung nach Absprache

ARD-Intendanten einigen sich mit dem künftigen Mitarbeiter Günther Jauch

Betritt man die Hallen des Bayerischen Rundfunks in München, kann es passieren, dass einem zuerst ein Trachtler mit Gamsbarthut entgegenkommt. In den 80er Jahren hat sich Günther Jauch in diesem zünftigen Umfeld – nach Journalistenschule und abgebrochenem Politikstudium – mit Thomas Gottschalk das Mikrofon am Radio-DJ-Pult in die Hand gegeben. Und hier, wo Karrieren begründet und Brauchtum gepflegt werden, beratschlagten die Intendanten des deutschen Fernsehmarktführers ARD über zukünftige Weichenstellungen.

Die zentrale Weichenstellung heißt Günther Jauch. Im September 2007 soll der gebürtige Westfale, seit seinem Abschied vom BR zu Deutschlands beliebtestem lebenden TV-Unterhalter gereift, den Sonntagstalk im Ersten von Sabine Christiansen übernehmen. „Wir freuen uns sehr, dass Günther Jauch in seine Wiege, die ARD, zurückkehren wird,“ sagte der amtierende ARD-Vorsitzende und Chef des Bayerischen Rundfunks, Thomas Gruber, verheißungsvoll.

Doch die Freude über den Heimkehrer war in den letzten Tagen bis hinein in die ARD getrübt. Stand doch die Frage im Raum, ob Unterhaltungskünstler Jauch auch als politischer Gesprächsleiter seine lukrativen Werbeaufträge für Bier, Lotterien und Versandhäuser weiter erfüllen dürfe. An der anwachsenden Aufregung änderte auch nichts, dass Jauch seine Werbemillionen für edle Zwecke, also den Erhalt des preußischen Kulturgutes in seiner Wahlheimat Potsdam, einsetzt. Selbst ARD-Länderfürsten wie MDR-Chef Udo Reiter hatten sich kritisch geäußert.

Und so hatten die am Mittwochmorgen zur Aufklärung angetretenen ARD-Granden Mühe, die ausufernde Diskussion wieder einzufangen. Ein Vertrag liege noch nicht vor, berichtete ARD-Chef Gruber, der hierfür zuständige NDR verhandle noch. Festgelegt haben sich die Parteien auf folgendes Statement: „Herr Jauch hat uns zugesagt, auf die Interessen der ARD Rücksicht zu nehmen. Die ARD und Günther Jauch sind sich gemeinsam sicher, dass es zu den zuletzt öffentlich diskutierten Problemen nicht kommen wird.“ Zwei Sätze, die Gruber, Programmdirektor Günter Struve und der in ihrer Mitte platzierte Fritz Raff, Intendant des Saarländischen Rundfunks und ab 2007 Vorsitzender der ARD, nach allen Regeln der Kunst variierten. Über Einzelheiten sei Vertraulichkeit vereinbart. Nur einmal noch ließ er sich zu dem Vertragsentwurf aus: „Wenn er werben will, kann er das nicht, wenn er gerade Lust hat. Er wird sich mit dem NDR kurzschließen.“ Jauch wird sich also seine Werbeverträge – ähnlich wie ZDF-Mann Johannes B. Kerner – genehmigen lassen müssen.

Ebenso unproblematisch sei, so Programmdirektor Struve, der angekündigte Spagat zwischen ARD und Auftritten bei Jauchs bisherigem Arbeitgeben RTL. Weder „Wer wird Millionär?“ (Struve: „in meinen Augen ein Aphrodisiakum“) noch „Stern TV“ (Struve: „keine politische Gesprächssendung“) kollidierten mit dem neuen Job. Dennoch: Die ARD würde gerne eine noch engere Beziehung mit ihrem kommenden Star eingehen. Er könne sich „in mittlerer Zukunft durchaus ein weiteres journalistisches Format“ mit Jauch vorstellen, so Struve. Wohl in der Hoffnung, dass der mittlerweile 50 Jahre alte Moderator, der es kunstvoll verstand, trotz Daueraufenthalt in der seichten TV-Unterhaltung sich als politischer Kopf zu vermarkten, irgendwann ganz seriös ins Erste passe. Schließlich sei auch Jauch persönlich gereift, witzelte Gruber am Ende. Fragt sich nur, was dann aus dem preußischen Kulturgut wird?

Entschieden haben sich die ARD-Intendanten im Fall Harald Schmidt: Seine Show soll nun doch nicht auf einen Abend pro Woche beschränkt werden. In Übereinstimmung mit Schmidt werde es bei zwei Abenden bleiben, sagte Struve, der diese Entscheidung bedauerte. Ein einstündiger Auftritt an einem Abend wäre näher an den berühmten US-Vorbildern Jay Leno und David Letterman gewesen und hätte eine neue Dramaturgie erfordert, sagte er. Schmidt soll bis 2008 bei der ARD bleiben. Schon im nächsten Februar wird er seine „Pssst“–Show im ARD-Werberahmenprogramm wiederaufleben lassen.

Weiter verhandeln will die ARD über die Fernsehübertragung der DeutschlandTour. Dabei soll es vor allem um Kosten und Sendezeiten für die Ausstrahlung der größten deutschen Radrundfahrt gehen, die in diesem Sommer wegen des Verdachts auf mehrere Doping-Fälle, unter anderem bei Telekom-Star Jan Ullrich, in Verruf geraten war. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und die deutschen Radrennställe hätten in den vergangenen Monaten sehr aktiv gegen Doping gekämpft, sagte Raff. Deshalb gebe es keinen Anlass, sich vom Radsport zu verabschieden.

Simon Feldmer[München]

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