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Medien: Wie baut man sich seine DDR?

Ein buntes Studio, ein paar Vorzeige-Ossis, Wink-Elemente und Spreewald-Gurken: Fertig ist die Ost-Show – zumindest bei Sat 1, ZDF und MDR

Das Prinzip einer DDR-Sendung ist einfach erklärt: Man nehme ein Studio mit Livepublikum, dekoriere es möglichst bunt und mit vielen Ost-Utensilien, stelle zwei Moderatoren auf die Bühne (vorzugsweise einen „Ossi“ und einen „Wessi“) und lasse diese dann mit möglichst vielen Ost-Prominenten über die „gute alte Zeit, in der vielleicht nicht alles, aber vieles besser war“ (Sat 1) plaudern. Ab und zu lasse man den obligatorischen Trabbi durchs Bild rollen, untermale das Ganze mit Hits der ostdeutschen Musik-Charts, lasse Wessis die gebräuchlichsten Abkürzungen der DDR-Sprache raten und blende immer wieder „original Bildmaterial von damals“ ein. Dazu noch eine Prise Ostalgie mit „Spreewald“-Gurken, FKK-Urlaub und FDJ-Ferienlager – fertig ist die Ost-Show!

Unterscheiden können sich die fertigen Sendungen kaum von einander. Die Planungen der Shows waren bei ZDF, MDR und Sat1 mehr oder weniger identisch: Man organisiert „Ossi-Kollegen“ in der jeweiligen Redaktion, die als „Experten“ fungieren und dafür sorgen sollen, dass alles so authentisch wie möglich ist. Sonja Hamm, Redaktionsleiterin der „OSTalgie-Show“ beim ZDF, sagt: „Die im Osten wissen ja alles über uns, aber wir nichts über sie.“ Nach gründlichem Brainstorming wird dann fleißig recherchiert, über den Osten selber, seine Trends, seine Stars. Die Requisiten für die Sendung fand die ZDF-Redaktion unter anderem in einem Trabbi- und einem DDR-Erfindungen-Museum in Dresden. Dann beginnt der Wettlauf um die Promi- Gäste. Von denen bieten sich zwar viele an, aus Sport, Musik, Fernsehen und Politik – die „Beliebtesten“ aber sind schnell „ausgebucht“. Der ewige Musikant Achim Mentzel beim ZDF, Ex-Boxer Axel Schulz bei Sat 1, und auch für den MDR hat sich der eine oder andere, vorerst noch geheime Vorzeige-Ossi gefunden.

Bleibt nur noch die Frage: Wo zeichnet man am besten eine DDR-Sendung auf? Sat 1 und der MDR entschlossen sich für Berlin-Adlershof, beziehungsweise Leipzig, während das ZDF sich auf den altbewährten Fernsehgarten in Mainz und fern ab der ehemaligen DDR verließ. Vielleicht auch ein Grund, warum die (natürlich auch missliebige) Konkurrenz die „OSTalgie–Show“ als „ein wenig steif“ bezeichnet?

In einem Punkt sind sich alle Sender wieder einig: Die DDR-Shows sollen keine „Verhohnepiepelung“ der Leute und der Zeitgeschichte sein (MDR), es soll keine „Ost-Tümelei“ stattfinden (Sat 1), sondern „Kultiges und (N)Ostalgisches aus der ehemaligen DDR“ (ZDF) gezeigt werden. Das wird je Sender nur etwas unterschiedlich ausgelegt. „Bei ,Ein Kessel DDR‘ werden wir weder die DDR verherrlichen, noch wehmütig zurückblicken“, sagt MDR-Fernsehdirektor Wolfgang Vietze. Man möchte dem Zuschauer nicht die DDR erklären, sondern biete ihm einen „ironischen, satirischen Blick von heute auf die wichtigsten Lebensbereiche wie Politik, Sport, Show und Alltagsleben.“ In der „OSTalgie-Show“ des ZDF baute man, wie der Name schon sagt, auf die sehnsüchtige Erinnerung an alte Zeiten. „Meyer & Schulz – die ultimative Ost-Show“, so Sat 1-Sprecher Dieter Zurstraßen, will die Neugier der Zuschauer über das vom „Grauschleier“ lange verdeckte Alltagsleben und die Menschen der DDR befriedigen.

Drei Sendungen, drei unterschiedliche Aspekte, aber die gleiche Absicht: Nach dem Kino-Erfolg von „Good Bye, Lenin!“ steht die ehemalige DDR ganz hoch im Kurs, der Mantel des Schweigens wird gelüftet, und plötzlich sind viele stolz, ein „Ossi“ zu sein und damit im Rampenlicht der Medien zu stehen.

„Ein Kessel DDR“: MDR, 22. August, 21 Uhr

„Meyer & Schulz – Die ultimative Ost- Show“: Sat 1, 23. und 30. August, 20 Uhr 15

„DDR-Show“: RTL, 3. Septmeber, 21 Uhr 15

Antonia Kränzlin

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