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Medien: Wie heißt die Frau von Jürgen Drews?

Die einfachen Fragen sind die besseren Fragen, fast wie im richtigen Leben. Ein Plädoyer für einen Zweikampf der spannenden Art

Von Henryk M. Broder

Ring frei zur zweiten Runde! Wetten dass sie genau so dröge, fad und langweilig wird wie die erste? Was soll denn anders werden, wenn die Regeln dieselben bleiben und zwei Moderatorinnen statt zwei Moderatoren den Vorsitz führen? Wir werden wieder zwei Übermenschen erleben, die einander zu überbieten versuchen: „Alles, was du kannst, kann ich noch viel besser“, aber eben ohne den Charme von Professor Higgins und Eliza Doolittle.

Das Ganze ist ein inszeniertes Missverständnis. Schon die Bezeichnung „Duell“ grenzt an vorsätzliche Täuschung. Bei einem ordentlichen Duell bleibt ein Duellant auf der Strecke, es kann nicht passieren, dass beide sich zu Siegern erklären. So was gibt’s nur, wenn Kinder Räuber und Gendarm spielen.

In einem Freistil-Kampf hätte Stoiber gegen Schröder keine Chance. Der Niedersachse würde den Bayern so einpacken, dass nicht mal mehr seine Brillenbügel zu sehen wären. Nur in einem vollkommen überreglementierten, bis ins letzte Detail organisierten, vom Zufall befreiten Schauturnen könnte sich der Kandidat behaupten.

Der Kanzler hingegen stand da, als müsste er sich vor Richterin Barbara Salesch wegen groben Unfugs verantworten. Er gab den Musterknaben.

Wie schön wäre es gewesen, wenn er nur einmal gesagt hätte: „Wir haben auch Fehler gemacht, es ist nicht alles so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt hatten, aber was sind schon unsere Fehler gemessen an dem Programm der CDU?“ Auch Stoiber hätte eher zugegeben, dass er alkoholfreies Bier trinkt, als dass er wenig zu bieten hat, außer ein paar Mumien aus dem Kabinett des Dr. Kohl.

Dabei wäre es so einfach gewesen, eine wirkliche Auseinandersetzung zu bieten, eine, bei der wir mehr über die beiden Teilnehmer erfahren hätten.

Wir kennen die Fragen, die ihnen gestellt werden, wir kennen die Antworten, die sie geben, was wir nicht wissen, ist: Was können sie, was würden sie machen, wenn man sie mitten in der Stadt aussetzen würde, ohne Fahrer, ohne persönlichen Referenten, ohne einen Medienberater? Und da ohnehin alles Infotainment ist, wäre dies das richtige Konzept: Schröder und Stoiber kommen ins Studio, werden kurz vorgestellt und müssen dann ein paar Aufgaben lösen. Es geht nicht darum, wie sie die Arbeitslosigkeit beseitigen, den Irak befrieden und den Flutopfern helfen wollen, nein, es geht um sehr einfache aber wichtige Dinge. Vor jedem steht ein Warenkorb, gefüllt mit Brot, Käse, Schinken, Jogurt, Kaffee, Milch, Keksen, Obst, Gemüse und Schokolade. Die Kandidaten sollen schätzen, wie viel der Warenkorb kosten würde. Einmal bei Aldi, einmal bei Reichelt und einmal auf dem Winterfelder Wochenmarkt.

Wann war Stoiber das letzte Mal einkaufen? Wann hat Schröder zuletzt eigenhändig Rispentomaten abgewogen? Als nächstes müssten sie ein paar Rechenaufgaben lösen, wie sie heute 14-Jährigen zugemutet werden, dann ein Video ohne Gebrauchsanweisung programmieren und danach zwei Beistelltische von Ikea zusammenmontieren. Und schließlich ein paar Fragen beantworten: Wer ist Frauke Ludowig? Was produziert Ralph Siegel? Wie heißt die Frau von Jürgen Drews? Was ist die Lieblingsspeise von Guildo Horn? Das hat es alles schon mal gegeben, von „Wünsch dir was“ bis „Quizfire“, aber für Politiker wäre es eine echte Herausforderung. Die Übermenschen könnten zeigen, dass sie auch vom richtigen Leben etwas verstehen, die Zuschauer hätten eine Menge Spaß, und die Demoskopen könnten sich viel Arbeit sparen.

Aber: Wie die meisten guten Ideen ist auch diese zu einfach. Stattdessen wird ein Riesenzirkus aufgezogen, eine Mega-Seifenblase. Auguren geben Prognosen ab, hinterher interviewen Journalisten, die in einem Nebenraum sitzen mussten, Kollegen, die näher dran waren – das Nichts läuft auf vollen Touren. Ein Trost: Bei Aldi, Reichelt und auf dem Winterfelder Wochenmarkt geht das Leben einfach weiter.

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