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Medien: Wie kommen Venus und Mars zusammen?

„Kämpf um deine Frau“, sagt Sat-1-Chef Roger Schawinski. Er will alles neu: Reality-TV, Talkshow, „Anke Late Night“

Herr Schawinski, wie geht’s Ihrem EgoProjekt?

Ausgezeichnet. Optimal. In meinem Buch, auf das Sie anspielen, habe ich geschrieben, jeder sollte nur das tun, was ihn euphorisiert. Zu meiner großen Freude ist das für mich bei Sat 1 ebenso.

Sie sind euphorisiert.

Absolut. Und zwar beinahe im Dauerzustand. Das heißt nicht, dass ich jeden Tag ausschließlich tolle Erlebnisse habe. Aber wenn ich zurückschaue, dann muss ich sagen, zu Sat 1 zu gehen, war das Beste, was ich tun konnte.

Sie haben viel vor.

Bis man einem Sender wie Sat 1 seine Handschrift aufdrücken kann, dauert es natürlich. Im Herbst beginnen wir mit Phase eins, Phase zwei folgt nächstes Jahr.

Was bringt uns Phase eins?

Zum Beispiel eine neue News-Sendung. Dann eine Reihe eigenständig entwickelter Formate, die es so bei keinem anderen Sender in Deutschland gibt.

Wollen Sie mit Ihren Nachrichten die Konkurrenz zum Staunen bringen?

Wir sind die Einzigen, die aus Berlin senden. Wir haben mit Thomas Kausch den besten News-Anchor gewonnen, den wir uns vorstellen können. Wir werden auf Ereignisse viel schneller als bislang reagieren, und Thomas Kausch wird unser Nachrichten-Mann sein, morgens, mittags, abends und auch nachts, wenn es sein muss. Ich habe gelernt, dass gute Journalisten das Glück haben, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Ein bisschen von diesem Glück erhoffen wir auch für uns.

Wo wollen Sie hin?

Für das Image des Senders ist es sehr wichtig, dass der Zuschauer merkt, er ist nicht von den Ereignissen abgekoppelt, wenn etwas Wichtiges passiert. Wir müssen bei den großen Ereignissen ganz vorne mit dabei sein. Es wird dauern, bis das Vertrauen in Sat 1 da ist. Aber wenn wir heute nicht damit anfangen, wann dann?

Das Fernsehen soll in diesem Herbst neu erfunden werden. So viel Neues war selten.

Wir haben uns vorgenommen, nichts zu kopieren, was es im deutschen Fernsehen schon gibt. Egal, wie erfolgreich es sein mag. Das ist eine große kreative Herausforderung.

Was kommt denn nun Neues?

„Schillerstraße“, eine Comedy. Das wird ein Riesenerfolg. Dann machen wir „Kämpf um deine Frau“ – die nächste Stufe des Reality-TV. Es geht um die Beziehung zwischen Mann und Frau. Das geht Sie, mich, uns alle an. Wir fragen, wie kommen Venus und Mars zusammen?

Und, wie kommen sie?

Wir möchten den Menschen anhand von Beispielen zeigen, wie man sich verhalten sollte, damit es in der Partnerschaft besser klappt. Wenn eine Frau sagt, es ist nicht nötig, dass du mich heute Abend abholst, dann meint sie vielleicht, dass sie auf jeden Fall abgeholt werden will. Männer suchen Lösungen, Frauen wollen zuerst, dass man ihnen genau zuhört. Wir wollen zeigen, wie es trotzdem miteinander gehen kann.

Und dann gehen Sie in die Vollen.

Sie meinen „Mein großer dicker peinlicher Verlobter“. So etwas hat es im deutschen Fernsehen noch nicht gegeben. Ich habe, während ich mir das Video angesehen habe, so laut gelacht, dass meine Sekretärin immer wieder in mein Büro kam und fragte, ob alles okay sei.

Sat 1 ist auf dem Weg zum Experimentalsender.

Das würde ich nicht so sehen. Wir sind innovativ, aber wir machen keine wilden Experimente. Wir wissen schon ganz genau, was wir tun.

Harald Schmidt hat in dieser Woche bei einem Auftritt gesagt, jeder könne jetzt seine eigene Comedy-Show machen – und wenn die Gags nicht gut sind, dann wird eben das Studio kleiner gemacht. Wen oder was könnte Schmidt gemeint haben?

Wenn es das ist, wofür Sie es offenbar halten, dann wäre es Schmidts erster Kommentar zu „Anke Late Night“. Anke Engelke ist für mich die begabteste Entertainerin Deutschlands – aber sie hatte ein zu großes Studio. Jetzt haben wir die Gelegenheit genutzt, diese Erkenntnis umzusetzen. Ab kommenden Montag werden Sie das Ergebnis bewundern können.

Stört es Sie eigentlich, immer wieder nach Anke Engelke gefragt zu werden?

Wieso stören? Es freut mich. Wenn niemand über sie reden würde, dann hätte ich ein Problem.

Haben Sie Kontakt zu Harald Schmidt? Wie geht es ihm?

Ich bin nicht sein Psychiater. Aber als ich ihn in Heilbronn getroffen habe, sah er super aus. Wir haben über alles Mögliche geredet, nur über eines nicht: eine neue Fernsehshow.

Hätten Sie ihn gern zurück?

Ich sähe ihn gern wieder im Fernsehen. Am liebsten natürlich bei Sat 1.

Könnte nicht auch Sat 1 eine Talkshow gut gebrauchen?

Sehr gut sogar. Aber ich kann nicht alles gleichzeitig machen. Außerdem ist das Thema Talkshow sehr schwierig. Keine Talkshow schafft eine Quote von zehn Prozent beim jüngeren Publikum. Ich möchte mehr erreichen. Wenn wir etwas machen, muss es etwas ganz Neues sein.

Sie sind jetzt seit fast neun Monaten Chef von Sat 1. Noch immer nicht frustriert?

Frustriert? Ich arbeite hier mit einer Mannschaft, die mich begeistert. Wenn ich mit einer Idee komme, stoße ich nicht auf eine Mauer von Bedenklichkeit.

Vielleicht weil sie Angst vor Ihnen hat.

Nein. Ideen kann man nur erfolgreich umsetzen, wenn man daran glaubt. Für unser neues Design, mit dem wir am 3. September auf Sendung gehen, arbeiten meine Leute Tag und Nacht.

Wird Ihnen auch mal widersprochen?

Natürlich. Aber nur, wenn alle Leute hinter dem stehen, was wir vorhaben, kann so ein Unternehmen gelingen.

Sagen nicht alle „guten“ Diktatoren, dass alle für sie sind?

Gute Diktatoren gibt es nicht. Das ist ein Widerspruch in sich.

Ein Wort zum Geschäft.

Die großen Sparübungen liegen hinter uns. Generell kann man sagen, dass die Talsohle durchschritten ist. Es geht wieder aufwärts. Die Einnahmen steigen.

Was machen Sie mit dem vielen Geld?

Die Gesellschafter haben immer gesagt, dass sie bereit sind zu reinvestieren, um unsere Position weiter zu stärken. Das gehen wir jetzt an.

Herr Schawinski, Sat 1 ist der Sender, der ...

... es allen zeigen wird. Und zwar im doppelten Sinne.

Das Gespräch führten Thomas Eckert und Joachim Huber

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