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Wieder auf Sat 1: "Harald Schmidt Show" – Der Altmeister ist heimgekehrt

Harald Schmidt ist zurück im Privatfernsehen. Am Dienstag lief er nicht mehr zwischen „Tagesthemen“ und anspruchsvoller Dokumentation, sondern zwischen „Akte 2011“ und Trash-Reportage – und dort fühlte er sich sichtlich wohl.

Ein bisschen absurd waren sie ja schon, die vergangenen Wochen, als es darum ging kraft der Gedankenschärfe herauszufinden, wie es wohl wird, das Fernsehen in diesem Herbst. Zum Beispiel konnte keiner der gefühlten 180 Texte, die sich allein im „Spiegel“ und auf „Spiegel Online“ mit dem möglichen Verlauf der neuen ARD-Talkshow von Günther Jauch vorhersagen, wie unfassbar aufgeregt der Moderator da in diesem seltsamen Studio stehen wird. Es wurde dann besser mit der Zeit, das ja.

Über Harald Schmidt und dessen Rückkehr zu Sat 1 wurde auch alles geschrieben und alles gesagt, auch von Schmidt selbst. Dabei steht im Prinzip seit einem Jahrzehnt fest, dass er der Beste ist, immer noch, wenn er denn will, aber eigentlich will er nicht mehr, schon lange nicht. Tatsächlich wissen wir, wozu der Mann fähig ist, im Guten wie im Schlechten und seit Dienstagabend wissen wir noch ein bisschen mehr.

Nach sieben Jahren ist er also zurückgekehrt zu dem Sender, bei dem 1995 die erste „Harald Schmidt Show“ lief und streng genommen gab es die Show sieben Jahre nicht, denn in der ARD hieß die Sendung „Harald Schmidt“, aber die ARD und Günther Jauch sind dann das erste große Thema der Comebackshow von Harald Schmidt – es gibt eine Karikatur von Günther Jauchs Einstiegsmoderation. Das ist gehobene Fernsehkritik in 30 Sekunden, und tatsächlich ist die Fernsehkritik das, womit sich Schmidt auch in der nächsten Stunde beschäftigen wird: Im Prinzip verachtet der Mann das Medium, das ihn groß gemacht hat – in dem Medium, das ihn groß gemacht hat. Schmidt, der Dialektiker, scheint wieder da zu sein.

Harald Schmidt trägt, was er selten tut, einen Dreiteiler, zur obligatorischen Krawatte (rot) hat er ein Einstecktuch (lila) gewählt. Das ist nicht gewagt, das ist stilistisch einfach nicht gut, aber die Überinterpretation des Schmidtschen Schaffens sollte vielleicht bei der Mode sein Ende finden. Die Jauch-Gags zu Beginn des Stand-ups sind in Ordnung, der kleine Einspielfilm zu Anne Wills Reaktionen auf Jauch ist es nicht – tatsächlich sind alle Einspielfilme der ersten Show nicht gut, deren Qualität nahm in den vergangenen Jahren rapide ab, vielleicht sollte er auf dieses Element verzichten – er braucht es nicht, nicht mehr. Denn die erste Show war auch die Rückkehr zur reinen Lehre. Während der Fehlgriff Oliver Pocher korrigiert wurde, tummelten sich zu lange alle möglichen Gestalten in seiner ARD-Sendung und übten Witzigsein; es scheint, als habe er diesen Fehler korrigiert.

Während des Stand-ups folgen noch Witze über die Staatspleite Griechenlands und über Karl-Theodor zu Guttenberg, Schmidt wirkt dabei routiniert, nach 16 Jahren weiß er, dass die Namen ersetzbar sind. Dann aber folgt die erste Werbeunterbrechung seit sieben Jahren, und da singt sich Schmidt rein, er interpretiert den Elvis-Song „Polk Salad Annie“, und es bedeutet: nichts.

Lesen Sie auf Seite zwei, wie Hape Kerkeling sich in Schmidts Sendung ein indirektes Geständnis entlocken ließ.

Nach der Werbung sitzt Schmidt am Tisch und die besten Minuten der Show beginnen. Olli Dittrich tritt auf, unangekündigt kommt er aus der rechten Bühnentür und steht an dem Platz, vor früher einmal Pocher saß, und Dittrich erzählt einen amüsanten Unsinn über Rudi Carrell, danach erzählen sich Schmidt und Dittrich ein paar alte Witze, und der Zuschauer bekommt eine Ahnung davon, was noch in Schmidt steckt, wenn er einen Gegenüber ernst nimmt. Irgendwann sagt er dann noch: „Wissen Sie, warum ich so erfolgreich im Job bin? Weil in meiner Show das Timing stimmt.“

Es stimmte vieles am Dienstagabend vor 1,39 Millionen Zuschauern. Schmidt lief nicht mehr zwischen „Tagesthemen“ und anspruchsvoller Dokumentation, sondern zwischen „Akte 2011“ und der Trash-Reportage „Drunter und drüber – Stellungswechsel im Pornoland“, und dazwischen fühlte er sich sichtlich wohl. Und dann kam auch noch Hape Kerkeling, der mit diesem Auftritt klargestellt hat, dass er der neue „Wetten, dass...?“-Moderator wird. Wenn sich einer so lustig macht über die Kandidatensuche, so souverän und selbstironisch tut, als würde es einen nichts angehen, dann nur, weil er weiß, dass er es wird. Kerkeling kündigte zu Beginn seines Auftritts an, dass er am Ende noch etwas sagen müsse, es ginge um eine große Unterhaltungsshow im Fernsehen, er dachte sich, warum eigentlich nicht hier. Aber vorher sprachen Schmidt und er über das „Traumschiff“ und Kerkelings neuer Serie im ZDF „Unterwegs in der Weltgeschichte“, und nach der Werbung sagte der Gast dann, dass er im Januar zu Gast sei in der NDR-Talkshow „Tietjen und Hirschhausen“. Riesengag, da mussten sie beide lachen.

Überhaupt schien Schmidt Spaß zu haben – dass am Ende noch eine Band auftrat, die es eigentlich schon seit Jahren hinter sich hat, spielte da keine Rolle.

Was Schmidt macht, was er nicht macht, wie er es macht und warum – diesen Fragen hat er sich über die Jahre entzogen, ihn interessieren die Antworten nicht, vielleicht weil er weiß, dass es darauf keine Antworten gibt. Weil es nur Fernsehen ist. Egal. Bedeutungslos. Um das zu beweisen, hatte Schmidt in seine erste Show zwei Entertainer eingeladen, die ihm dabei halfen. War ganz einfach. Kann praktisch niemand.

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