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Medien: Wikipedia wieder online

Amtsgericht hebt Verfügung auf. Entscheidung über Trons Namensnennung aber erst im Februar

Das freie Internet-Lexikon Wikipedia ist wieder komplett online. Auch über die Webseite www.wikipedia.de kann seit Freitagnachmittag wieder auf die über 340 000 deutschsprachigen Einträge zugegriffen werden. Am Donnerstag war dem deutschen Wikipedia-Verein wegen der Nennung des vollen Namens des 1998 verstorbenen Berliner Hackers Boris F. alias Tron untersagt worden, auf die in den USA liegenden Lexikonseiten weiterzuleiten. Am Freitag nun hob das Amtsgericht Charlottenburg den Beschluss zur Zwangsvollstreckung der Einstweiligen Verfügung gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung von 500 Euro auf. Dies teilte Anwalt Thorsten Feldman, der die „Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V“ vertritt, auf Anfrage mit: „Der Verein darf wieder weiterleiten, ungeachtet der beanstandeten Inhalte.“

Die Einstweilige Verfügung war von den Eltern von Boris F. erwirkt worden, weil sie verhindern wollten, dass der volle Name ihres Sohnes im Internet genannt wird. Das Interesse an seiner Person beschränke sich ausschließlich auf seine Aktivitäten als Hacker, und in der Szene sei er nur als Tron und nicht unter seinem bürgerlichen Namen bekannt gewesen, lautete ihre Begründung.

Das Gericht nennt für die Aufhebung mehrere Gründe. So sei im Antrag der Eltern nicht eindeutig beschrieben worden, um wessen Namen es sich genau gehandelt habe. Zudem sei die Sperrverfügung unverhältnismäßig, da davon nicht nur der Beitrag über Tron betroffen sei, sondern das komplette deutsche Angebot von Wikipedia.

Eine Entscheidung, ob die Namensnennung von Boris F. tatsächlich dessen Persönlichkeitsrechte einschränkt, ist damit jedoch nicht gefallen. Das wird frühestens in der mündlichen Verhandlung geschehen. Der Termin findet nach Angaben des Wikipedia-Anwalts voraussichtlich Anfang Februar statt. Möglicherweise lässt sich diese Frage aber erst klären, wenn es zur Verhandlung in der Hauptsache kommt. „Juristisch wäre es sicherlich wünschenswert, eine eindeutige Klärung herbeizuführen“, sagt Anwalt Feldmann. Nach seiner Ansicht habe Wikipedia gute Aussichten, „diese Unterdrückung einer wahren Tatsachenbehauptung“ zu verhindern. Allerdings sehe es der deutsche Verein nicht unbedingt als seine Hauptaufgabe an, Prozesse zu führen.

Als Präzedenzfall, was man im Internet darf oder nicht, sieht Feldmann die Auseinandersetzung um Trons bürgerlichen Namen hingegen nicht. Hierfür bedeutender sei der Rechtsstreit zwischen dem Heise-Verlag und der Musikindustrie über einen Internet-Link zu einem im Ausland sitzenden Hersteller von Kopiersoftware. Nachdem das Oberlandesgericht München im Juli letzten Jahres das Verbot des Internet-Links bestätigt hatte, will der Hannoveraner Heise-Verlag Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung einlegen. Der Verlag sieht sich in seinem grundgesetzlich verbrieften Recht der Pressefreiheit eingeschränkt. In seinem Online-Portal hatte sich Heise kritisch mit dem Programm, das Sperren gegen das illegale Kopieren von DVDs aufbricht, beschäftigt und am Ende des Beitrages einen Verweis auf die Herstellerhomepage gesetzt. Der Musikverband IFPI sah darin eine unzulässige Werbung für das hierzulande verbotene Produkt. _ AuthorReal_e_

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