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Medien: Willkommen! Bienvenue! Welcome!

Von Joachim Huber Die „Süddeutsche Zeitung“ gibt ihre „Berlin-Seite“ auf. Eine Horrormeldung?

Von Joachim Huber

Die „Süddeutsche Zeitung“ gibt ihre „Berlin-Seite“ auf. Eine Horrormeldung? Nicht für den Regierenden Bürgermeister von Berlin: „Da wird eine Anti-Berlin-Seite eingestellt“, sagte Klaus Wowereit am Donnerstag bei einer Veranstaltung von „media.net“, einem Bündnis der Medien-, IT- und Kommunikationsbranche in Berlin und Brandenburg. „Mangelhafte Recherche“ hielt Wowereit dem „SZ“-Produkt vor, „alles wurde mies gemacht nach dem Motto ,Dieses Scheiß-Berlin’.“ Zwar gestand Wowereit zu, dass Jammern ein Grundton der deutschen Hauptstadt sei, doch der „Jammer-Berliner“ dürfe nicht das Berlin-Bild vorrangig prägen. Schon gar nicht in den Medien, die über Berlin berichten: „Raus aus der selbstgemachten Depression, weg von den Reichsbedenkenträgern“, forderte Wowereit. Der Regierende Bürgermeister sieht sich da offenbar als Vorbild, er bezeichnet sich als „Realist“, als einen, der realistische Politik für Berlin machen will. In diesem Koordinatensystem steht die Medien- als Wirtschaftspolitik ganz oben: „Das ist ein absoluter Schwerpunkt des Senates.“ Als Signal an Medienunternehmen am Ort und als Willkommensgruß für künftige Investoren sollen die zuständigen Berliner Verwaltungsbehörden aus ihren Labyrinthen befreit und unter einem Dach zusammengeführt werden. Dazu gehört für Wowereit auch, dass „wir den Filmboard und das Medienbüro Berlin-Brandenburg zum Medienboard zusammenbringen“. Ein alter Traum des Medienbeauftragten beider Länder, Bernd Schiphorst, könnte wahr werden. In der Branche fallen solche Anstrengungen positiv auf. Ein Geschäftsführer sagte: „Wenn eine Baustadträtin Hindernisse aufbaut, wenden wir uns an die Senatskanzlei. Dann klappt das.“

Berlin, das ist auch die Stadt der katastrophalen Haushaltslage. Täglich wächst der Schuldenberg. Berlin ist aber auch der zweitgrößte Medienstandort in Deutschland, nach Hamburg mit knapp 63 000 Beschäftigten kommt Berlin mit über 61 000 Medienarbeitern. Hier liegt Zukunft. Als Beleg, wie sehr sich der Senat für diese Branche engagiert, nannte Wowereit den Filmboard Berlin-Brandenburg, dessen Jahresetat um 2,5 auf zehn Millionen Euro erhöht werde. Bislang hat Brandenburg bei dieser Aufstockung nicht nachgezogen. Überhaupt, hat der Länder-Nachbar sein Medienhaus bestellt? Anders als die Studios in Berlin-Adlershof und Tempelhof hat Studio Babelsberg laut Wowereit noch nie profitabel gearbeitet. Wie sieht die Zukunft in Potsdam-Babelsberg aus, wenn die Studio-Mutter Vivendi sich in Turbulenzen befindet?

Die Filmproduktion ist das Stoß-, die Fernsehproduktion das Brotgeschäft. Die Produktion von Talkshows, Serien und Reihen schafft und sichert Arbeitsplätze. Gerade hat sich Berlin zur „Musik-Hauptstadt“ ausgerufen. Universal Music, Bertelsmann Music Group und Sony Music haben sich hier angesiedelt, Branchenpreise wie der „Echo“ werden in der Hauptstadt verliehen. Da mag der Sprung zur „Entertainment“-City nicht groß sein. Wowereit hat ihn offensichtlich vor Augen. Er verwies auf ein Gespräch mit Thomas Gottschalk, dem Moderator von „Wetten, dass …?“, Europas erfolgreichster Fernsehshow. Der Entertainer könne sich gut vorstellen, „seine Show dauerhaft in Berlin anzusiedeln“. Eine Künstlerin wie Madonna komme nach Berlin zu „Wetten, dass…?“, nicht aber nach Wanne-Eickel, wurde Thomas Gottschalk vom Regierenden Bürgermeister zitiert. „Die Sogwirkung unserer Stadt ist noch da“, sagte Wowereit und nahm all die Zweifler und Miesmacher fest in den Blick.

Zu den Überzeugungen des Regierenden Bürgermeisters gehört auch, dass der Erwerb des Berliner Verlages durch die Verlagsgruppe Holtzbrinck zu „keiner redaktionellen Zusammenlegung von ,Berliner Zeitung’ und Tagesspiegel führen darf. Das würde sich rächen.“ Tagesspiegel-Geschäftsführer Joachim Meinhold nickte bei diesem Statement überaus heftig.

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