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Medien: „Wir drehen den Informationsfluss um“

Es ist eine gute Adresse, eine der besten in London: Nummer eins Knightsbridge. Im Haus an der Hyde Park Corner haben unter anderem die National Bank of Abu Dhabi und die Saudi International Bank ihr Domizil.

Von Markus Hesselmann

Es ist eine gute Adresse, eine der besten in London: Nummer eins Knightsbridge. Im Haus an der Hyde Park Corner haben unter anderem die National Bank of Abu Dhabi und die Saudi International Bank ihr Domizil. In der noblen Gegend residieren Diplomaten. Um die Ecke liegt Harrods, das Luxuskaufhaus. Mit Luxus hat Sue Phillips allerdings wenig im Sinn. „Wir bringen die Sicht der Entwicklungsländer“, sagt sie beim Gespräch in den Räumen ihrer Redaktion in eins Knightsbridge und nennt als Beispiel eine umfangreiche Berichterstattung über die sudanesische Krisenregion Darfur. „Wir drehen den Informationsfluss um, von Süden nach Norden.“

Sue Phillips ist die Leiterin des Londoner Büros des Nachrichtensenders Al Jazeera English. Seit einem Jahr trägt ihr Team zum englischsprachigen Dienst des arabischen Senders Al Dschasira bei. Neben London und dem Hauptsitz in Doha/Katar unterhält Al Jazeera English Büros in Washington und Kuala Lumpur sowie eine Vielzahl kleinerer Dependancen. Bei der News Xchange in Berlin will Sue Phillips die Botschaft ihres Senders in einem professionellen Umfeld weiter verbreiten. „News Xchange ist eine sehr guter Ort, um zu zeigen, worum es bei Al Jazeera English geht“, sagt Sue Phillips. „Vor allem jetzt, wo wir Jubiläum feiern können.“ Am 15. November 2006 ging Al Jazeera English erstmals auf Sendung.

„Wir sind anders“, sagt die profilierte Journalistin, die vor ihrem Antritt bei Al Jazeera English für den kanadischen Sender CBC tätig war. Die finanzielle Unterstützung durch den Emir von Katar mache das Programm weniger abhängig von Quoten. Eine besondere Form von Luxus in dieser Zeit. Ihr Sender könne es sich zum Beispiel leisten, mehrere Leute wochenlang nach Darfur zu schicken, sagt Sue Phillips stolz. Im Kontrast dazu kommt es vor, dass Themen, die in den westlichen Medien rauf und runter laufen, bei Al Jazeera English kaum Platz finden. „Wir haben nur wenig über die McCanns berichtet“, sagt Sue Phillips. Der Fall des verschwundenen britischen Mädchens Madeleine habe wenig Relevanz für Al Jazeera English.

Der Emir von Katar finanziere zwar den Sender, mische sich aber in redaktionelle Belange nicht ein, auf diese Feststellung legt Sue Phillips Wert. Und darauf, dass die journalistischen Standards dieselben seien wie bei der etablierten Konkurrenz, zum Beispiel von der BBC. „Immer beide Seiten der Geschichte“ – dieses redaktionelle Credo gelte streng bei Al Jazeera English.

In Berlin nimmt Sue Phillips unter anderem an der Diskussion „Russia – do we get it right?“ zur internationalen Berichterstattung über Russland teil. Doch ihr Sender will bei News Xchange auch zeigen, dass er bei den Neuen Medien vorn liegt. Al Jazeera English veranstaltet in Berlin eine Diskussion zum „Youtube-Effekt“, dem Einfluss von Internetvideos auf die internationale Politik. Richard Gizbert, der für Al Jazeera English das Internet- und Medienprogramm „The Listening Post“ moderiert, wird die Diskussion leiten. Durch die Protestbewegung in Birma hat die Diskussion einen zusätzlichen aktuellen Aufhänger bekommen. Den Machthabern in dem asiatischen Land gelang es trotz aller Verbote und technischen Manipulationsversuchen nicht, den Informationsfluss über das Internet zu unterbrechen. Immer wieder wurde die gewaltsame Unterdrückung der Demonstranten gefilmt und über das Netz weltweit verbreitet. Andererseits wird in Berlin die Verlässlichkeit von Amateuraufnahmen zur Debatte stehen. „Das ist eine redaktionelle Herausforderung“, sagt Sue Phillips. „Bei der Auswahl des Materials sind hohe journalistische Ansprüche gefragt.“

Al Jazeera English ist im Internet umfangreich vertreten. Neben der Homepage hat der Sender auch einen eigenen You-Tube-Kanal. Die Internetpräsenz ist vor allem in den USA wichtig. Denn dort ist Al Jazeera English über herkömmliche Fernsehkanäle immer noch schwer zu bekommen. Markus Hesselmann, London

Weiteres im Internet:

http://english.aljazeera.net

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