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Medien: „Wir zeigen Stoiber, wie er ist“

Petra Lidschreiber über den Vorwurf, der SFB sei parteilich

Frau Lidschreiber, können Fernsehporträts Wahlen entscheiden?

Mit Sicherheit nicht.

Das SFB-Porträt über Kanzlerkandidat Edmund Stoiber wird in der ARD möglicherweise ein Nachspiel haben. Es gab harte Kritik: Von „Dämonisierung“ und Kampagnenjournalismus ist die Rede. Ist das berechtigt?

Nein. Die Kritiken waren ja auch mehrheitlich wohlwollend bis jubelnd und urteilten: „Gut hingeguckt“. Der Film hat Stoiber so gezeigt, wie er ist. Er mag nicht gerne das Bad in der Menge, seine Berater bringen ihn aber immer wieder in diese Lage, weil sie meinen, das sei nötig. Was er kann, ist, Mehrheiten zu mobilisieren. Wenn Stoiber Gefühle hat, hat er sie unverfälscht, nicht medienwirksam, aber sehr authentisch. Ich weiß deshalb nicht, wo der Vorwurf der Dämonisierung herkommt, es sei denn, man fände selber, dass Stoiber nicht der richtige Kandidat ist, weil er nicht so ein Kamerastar ist wie Schröder. Die Kritik deutet eher auf ein Problem, das die Partei mit ihrem Kandidaten hat.

War es politisch ausgewogen, dass die ARD kurz darauf ein Porträt von Kanzler Schröder ausstrahlte, das diesen in einem sehr positiven Licht zeigte?

Finden Sie? Das sehen wir, die Redaktionen, die Filmemacher anders. Beide Filme zeigten viele Seiten und Fassetten der beiden Kandidaten. Die Interpretation solcher Porträts hängt immer auch vom Betrachter ab.

Stoiber kommt in den Medien insgesamt nicht so gut rüber. Kann man heute nur als Medienstar Kanzler werden?

Das Problem ist, dass die Wahlkampfstrategen Stoiber ein Image geben wollten, das ihm nicht entspricht. Man hätte ihn sein lassen sollen, wie er ist. Als jemand, der sich sehr gut vorbereitet, der sich sehr viele Gedanken macht, sehr viel Kenntnisse hat – aber eben nicht so medienwirksam auftritt. Das wäre glaubwürdig. Aber wenn aus Politikern Produkte gemacht werden, wenn es um Verkauf geht, ist der Politiker nicht mehr Herr seiner eigenen Person. Das tut der Politik insgesamt nicht gut.

Auch Ihrem Politikmagazin „Kontraste“ wird Kampagnenjournalismus vorgeworfen.

Da wüsste ich gerne, für oder gegen wen die Kampagne gerichtet ist. Wenn Kampagne heißt, Dinge aufzudecken, egal von welcher Partei, dann ja. Und der Zuschauer honoriert das. „Kontraste“ ist mittlerweile der Spitzenreiter unter den ARD-Magazinen.

Sind Sie parteilich?

Parteilich für die Menschen, ja. Auf der Suche nach Dingen, die die Bürger wissen sollten und wollen, um ihre Wahl zu treffen.

War das ein Medienwahlkampf, in dem Inhalte keine Rolle mehr spielen?

Es gab Inhalte, aber sie wurden nicht ausgefochten. Es gab viele Themen, von denen die Parteien hofften, damit punkten zu können. Und oft standen die Themen in keiner Relation zu ihrer Wichtigkeit. Dass der Irak-Krieg auf diese Weise thematisiert wurde, obwohl doch niemand die Deutschen aufgefordert hatte, Soldaten bereitzustellen, war für mich ein sehr verzichtbarer Wahlkampfklassiker. Und dass jetzt die Zuwanderung noch mal thematisiert wird, obwohl man damit auch brandstiften kann, finde ich schlimm.

Sind die Deutschen politikverdrossen?

Die Leute sind überhaupt nicht politikverdrossen. Die merken nur, wenn Politiker über was reden, weil sie meinen, es verkauft sich gut. Rentenpolitik oder Gesundheit oder Bildung, das interessiert die Leute brennend. Nur bekommen sie in diesem Wahlkampf auf diese Fragen keine Antworten.

Was würden Sie sich für den nächsten Wahlkampf von den Medien wünschen?

Die TV–Duelle sollte es wieder geben, aber sie könnten lockerer und besser werden. Und es wäre schön, wenn die Medien beim nächsten Mal den Politikern weniger durchgehen ließen und sie auf die wichtigen Themen festnageln, damit darüber auch wirklich gestritten wird.

Das Gespräch führte

Simone von Stosch.

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