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Medien: Wo bin ich?

Von Wilfried B. Urbe „Powered by emotion“ möchte Sat 1 sein, Vox will „anmachen“, Kabel 1 verspricht und wünscht seinen Zuschauern „alles Gute“, „Viva liebt Dich“ und „mit dem Zweiten sieht man besser“.

Von Wilfried B. Urbe

„Powered by emotion“ möchte Sat 1 sein, Vox will „anmachen“, Kabel 1 verspricht und wünscht seinen Zuschauern „alles Gute“, „Viva liebt Dich“ und „mit dem Zweiten sieht man besser“. Alles Sprüche? Ja, aber diese „Claims“ und die entsprechenden Logos, Vorspanne, Trailer und Kampagnen sollen die Fernsehsender unverwechselbar machen. „Markenstärke demonstrieren“, nennt das RTL-Chef Gerhard Zeiler. Die Sender haben nämlich das Problem, dass sich die Programme immer mehr ähneln. Umso wichtiger werden die Erkennungsmerkmale der Sender. Die Entscheidung, welcher Sender eingeschaltet wird, wird bei vielen Zuschauern zur Image-Frage, ähnlich wie beim Autokauf. Nach Insiderschätzungen gibt ein Sender wie RTL bis zu 150 Millionen Euro jährlich für Design- und Trailerproduktion, Marketingmaßnahmen und Werbeplätze aus, die Sendezeit für die eigene Promotion mit eingerechnet. Der Kölner Marktführer RTL füllt täglich fast eine Stunde Programm ausschließlich mit Eigenwerbung.

„Das unverwechselbare Gesicht“, das einen Sender von seinen Konkurrenten abheben soll, wird verstärkt von den Öffentlich- Rechtlichen angestrebt. Deutschland mit seinen über 30 frei empfangbaren TV-Sendern ist einer der härtesten Fernsehmärkte der Welt. Zuschauer- und Markenführung werden deshalb umso wichtiger.

Dabei spielt die Farbgebung eine große Rolle. So setzt RTL mit Blau, Rot, Gelb auf seine Kernkompetenzen Nachrichten, Sport und Unterhaltung. Und während Pro 7 die Farbe Rot bevorzugt, um jung und sexy zu wirken, möchte die ARD mit einem kühlen Blau ihre Seriosität und ihre Führungsposition im Informationsbereich betonen.

Vor allen anderen Konkurrenten setzte das ZDF im vergangenen Jahr zur Offensive an. „Das vorherige Markenzeichen mit den beiden Ringen und der Kugel funktionierte markentechnisch nicht sehr gut“, sagt ZDF- Chef-Designer Alexander Hefter. Der Signet- Teil habe keine ZDF-spezifischen Inhalte transportiert, die Zuschauer hätten sich nur an den Buchstaben ZDF orientiert. Ob mit dem „frischen ZDF-Orange“ die anvisierte junge Zielgruppe erreicht wird, muss sich noch zeigen. Von „Mogel-Packung“ für den „Kukident-Kanal“ sprechen Kritiker aus den Reihen der Konkurrenz. Zugestanden wird, dass das neue ZDF-Design bereits einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht habe.

Verblüffend sind Ergebnisse aus der US- Medienforschung: Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Zahl der Fernsehzuschauer weltweit um zwölf Prozent erhöht, das Programm-Angebot aber um 1000 Prozent. Dabei werden 70 Prozent aller Programmentscheidungen beim Zappen getroffen. Solche Ergebnisse belegen die Wichtigkeit des Sender- und Programm-Designs. Doch auch diese Branche ist von der Krise der Medien betroffen, die Budgets sinken. Ulrike Krieg, früher ARD-Design-Chefin, jetzt bei der Agentur DMC für Kunden wie NDR oder Kinderkanal zuständig, räumt ein: „Das Geschäft hat wirklich übermäßig geboomt“, diese „Überkapazität“ werde jetzt abgebaut.

Gleichzeitig scheinen den Machern die Ideen auszugehen. Im Gegensatz zur ersten Hälfte der 90er, als die Ansagerinnen verschwanden und neue Formen der Präsentation ausprobiert wurden, passiert jetzt wenig Neues. Zudem mühen sich zwar ganze Kompanien um das Design der Sender, doch keiner weiß, wie viel es wirklich bringt.

Dass dem Zuschauer das Programm wichtiger ist als der Sender, ist den Machern bewusst. Aber, sagt Markus Schmidt, Geschäftsführer von SevenSenses: „Wenn jeder Sender seine eigene Krankenhausserie zeigt, muss der Zuschauer durch die TV-Marke wissen, auf welchem Sender die Sendung läuft, die ihm am besten gefällt.“ Schmidt konnte vorletzte Woche in Los Angeles während der Promax & BDA Konferenz, dem wichtigsten Treff von TV-Designern, 16 Auszeichnungen für seine Agentur entgegennehmen. Damit ist das Unternehmen mit Sitz in München und Berlin das weltweit erfolgreichste in Sachen Sendervermarktung. In Los Angeles erfuhr man aber auch, wie schnell sich eine Idee abnutzt. Carmen Alzner, Leiterin des Branchenverbandes, formuliert das so: „Jedes Jahr gibt es immer mehr Kampagnen. Umso schwieriger wird es, die Zuschauer zu erreichen. Ich glaube, dass wir den Zuschauer vielleicht schon resistent gemacht haben.“ Das Publikum habe eine Begabung entwickelt, im Zweifel sofort auszublenden.

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