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Medien: Wo gibt’s die Maxi-Postfächer?

Jedermann kann eine E-Mail-Adresse samt Briefkasten haben – gratis. Und mehr Platz – für Aufpreis

E-Mail kostet nichts. Das gehört zu den Fakten, die der ganz normale Internet-Nutzer schon seit Jahren verinnerlicht hat. gmx, web.de, epost, hotmail und wie sie alle heißen, versorgen jedermann gratis mit einer elektronischen Adresse samt Briefkasten. Finanziert wird das durch Werbung, teils in Form von Mails, teils als Einblendungen auf den zugehörigen Websites.

In letzter Zeit allerdings drängen die Anbieter verstärkt mit so genannten Premiumangeboten auf den Markt. Für zwei bis fünf Euro pro Monat bedeutet das mehr Komfort, weniger Werbung, mehr Speicher, größere Dateianhänge, besseren oder überhaupt vorhandenen Schutz vor Viren und Spam sowie eine Fülle von je nach Provider unterschiedlichen Gimmicks, wie etwa einer SMS-Benachrichtigung, wenn neue Mails eingehen.

Bleibt die Frage, für wen sich die Ausgabe lohnt. „Wieviel Platz brauche ich? Und wie sicher ist die Sache?“, sind die Kriterien, die Dirk Lorenz von der Stiftung Warentest als Erstes einfallen, wenn es um die Entscheidung für einen bestimmten Provider oder ein bestimmtes Angebot geht. Hintergrund für die Größendiskussion ist, dass gerade die per Mail verschickten Dateianhänge im Lauf der Jahre immer umfänglicher geworden sind. Ein pdf-Dokument kann schon mal zwei Megabyte groß sein, ein Musiktitel fünf oder sechs MB und ein Videoclip auch mal 20 MB.

Da die meisten Gratis-Postfächer nur zwischen zehn und 20 MB Speicherplatz insgesamt bieten, sind überquellende Accounts bei Viel-Mailern fast schon die Regel. So lässt sich etwa bei web.de für fünf Euro im Monat der Account bis auf zwei Gigabyte, also 2000 MB, aufbohren, ein einzelnes Attachment darf bis zu 50 MB umfassen. Lycos und gmx bieten immerhin einen Gigabyte Speicherplatz zu ähnlichen Tarifen – fürs Erste sollte das bei fast allen reichen.

Die Stiftung Warentest hat die Mailprovider vor einem Jahr zum letzten Mal getestet. Eine eindeutige Empfehlung mag Lorenz daher nicht aussprechen. Auffällig ist jedoch, dass sowohl bei der Stiftung als auch bei den Tests diverser Computerzeitschriften web.de und gmx regelmäßig auf den vordersten Plätzen landeten. Am ratsamsten ist es, sich zuerst zu überlegen, welche Services man braucht und danach zu sehen, welcher Anbieter was davon bietet, ob man dafür bezahlen muss oder ob der Service gratis im Angebot ist – etwa die Möglichkeit, Ordner anzulegen, um seine Mails online zu sortieren, einen Faxservice oder eine Adressbuchfunktion, die allerdings mit Vorsicht zu genießen ist: „Das Adressbuch von einem auf den anderen Provider zu übertragen, ist schwierig“, sagt Warentester.

Ärgerlich ist es nur, dass einige Anbieter eine lockere Attitüde pflegen, was Einhaltung und Klarsicht der Versprechen und AGBs betrifft. Musterbeispiel dafür ist der Microsoft-Service Hotmail, auf dessen Website sich die Informationen zum Teil widersprechen. Auch bei web.de dauert es länger, bis man durchblickt.

Bleibt dann noch das Thema Sicherheit. Hier muss man nach zwei Komponenten unterscheiden. Zum einen: Wie sicher sind Passwort und Datenübertragung zum Server? Hier bieten praktisch alle inzwischen eine SSL-Verschlüsselung an, die allerdings bei einigen, wie etwa Lycos, erst extra ausgewählt werden muss. Ist die Verbindung sicher, so erkennt man das am kleinen Vorhängeschloss rechts unten im Browser. In puncto Passwort ist vor allem der User selbst gefragt: Wer den Namen von Freundin oder Familienhund wählt, muss sich dann auch nicht wundern, wenn es anderen gelingt, den Passwort-Begriff zu erraten.

Komponente zwei ist der Schutz vor Viren und Spam. Hier versuchen die meisten Anbieter zu filtern, so gut es eben geht. Allerdings rät Warentester Lorenz hier dazu, sich nicht zu sehr in trügerischer Sicherheit zu wähnen. Denn perfekt sind die Filter nicht, und: „Wenn Sie bei einem Online-Provider einen Mailanhang anklicken, dann wird das Programm trotzdem auf Ihrem PC ausgeführt.“ In den Tests konnte hier zu allererst web.de glänzen, gmx hält mit einer TÜV-Zertifizierung für den Virenschutz dagegen.

Auch bei der automatischen Ausfilterung von Werbemails ist der Nutzer selbst gefragt. Zum einen passiert es auch den besten Filtern ab und zu, dass erwünschte Mails in den Spam-Ordner gepackt werden, so dass man sich diesen ab und zu ansehen sollte. Zum anderen konzentrieren sich die Spammer auf Mailadressen, die oft im Netz veröffentlicht sind. Profis haben daher zwei Accounts: den einen für die wichtigen Mails, den nur die bekommen, die ihn auch brauchen, den zweiten, mit dem man etwa Newsletter abonniert oder in Internet-Foren postet.

Findet man bei dem dann irgendwann vor lauter „Enlarge-your-Penis“-Angeboten die wichtigen Mails nicht mehr, wird er stillgelegt und ein neuer aufgemacht. Die großen Revolutionen sind bei den Mail-Diensten in den vergangenen Jahren allerdings ausgeblieben. Stattdessen wurde Stückchen für Stückchen weiterentwickelt, so dass die meisten Angebote inzwischen als ausgereift gelten dürfen. Allerdings ist ein neues Konzept am Horizont erkennbar. Derzeit läuft die Testphase für Googles Gmail: Ist der Service einmal offen, soll er völlig umsonst einen Gigabyte Mailspeicher bieten. Auch das Mail-Sortieren in Ordner soll ein Ende haben. Google setzt auf die eigene Technologie und verspricht, aus dem Wust der gesammelten Post per Schlagwortsuche das Gewünschte finden zu können.

Bis es soweit ist, hat der Mann von der Stiftung Warentest noch einen Tipp für all die parat, denen es auf eine originelle Mail-Adresse ankommt: „Es gibt mehr Anbieter als man glaubt“, sagt Lorenz. „Und bei den kleinen sind oft noch Adressen frei, die bei gmx oder lycos längst vergeben sind.“ Wer will, so der Warentester, kann sich zum Beispiel auch unter www.fcbayern.de seine eigene Mailadresse einrichten. Wer’s mag…

Kai Kolwitz

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