zum Hauptinhalt

Medien: Wo ist zu Hause?

Premiere stellt das neue Bundesliga-Programm vor und kündigt der frühen „Sportschau“ den Kampf an

Bei diesem Ambiente stutzt sogar der Kaiser. „Ui, Gummibärli!“, entfährt es dem Premiere-Experten Franz Beckenbauer, als er auf dem Weg zur Pressekonferenz des Münchner Bezahlsenders an einer Schale mit Gummibärchen vorbeigeht. In wohnzimmerlicher Atmosphäre warten schon Carsten Schmidt aus dem Premiere-Vorstand, Vorstandsvorsitzender Georg Kofler, Moderator Sebastian Hellmann und Experte Lothar Matthäus auf Beckenbauer. Weiche Couchs stehen im Raum, „Football’s coming home“ grölt es aus den Lautsprechern – Fußball wird wieder „zu Hause“ bei Premiere gezeigt. Laut Kofler danken es die Kunden, indem sie in den vergangenen zwei Wochen schon 45 000 neue Bundesliga-Abos gekauft haben.

Wie die Bundesliga bei Premiere zum ersten Spieltag ab Freitag nächster Woche konkret aussehen wird, erklären die fünf Gäste im Sandwich-Verfahren: Die trockenen Fakten werden zwischendurch mit einem Expertengespräch gewürzt. Als sich im Dezember 2005 der neue Premiere-Rivale Arena überraschend die Rechte für die Bundesliga sicherte, sackte der Wert der Premiere-Aktie an einem Tag um 43 Prozent ab. Zweieinhalb Jahre später hat Arena die Lizenz an Premiere weitergegeben.

Der alteingesessene Pay-TV-Anbieter wird nun permanent Bundesliga-Fußball zeigen, auf einem eigenen Sender. Der neue Kanal „Premiere Fußball-Bundesliga“ lässt rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche den Ball rollen. Die Spiele der Ersten und Zweiten Liga sowie Spiele der spanischen Primera Division kosten den Abonnenten 19,99 Euro pro Monat. Auf einem weiteren Kanal, „Premiere Fußball Plus“, laufen für monatlich zusätzliche 9,99 Euro die Spiele der Champions League, europäischer Fußball aus England, Spanien, Frankreich, Portugal, Holland und Österreich sowie der Uefa-Pokal vom Viertelfinale an. „Mit Italien stehen wir noch in Verhandlungen“, sagt Schmidt.

Die beiden Fußballexperten Matthäus und Beckenbauer lassen die Zahlen an sich vorbeirauschen. Matthäus lächelt lieber den Fotografen zu. Erst als Schmidt von „,Tor in‘ statt ‚Split Screen‘“ spricht, blickt Beckenbauer auf. In der vergangenen Saison hatte Arena in der Bundesliga-Konferenzschaltung die Tore aus anderen Spielen im aufgeteilten Fernsehbild präsentiert, mit dem laufenden Spiel als Hintergrund-Vollbild. Premiere möchte lieber wieder den Kommentator „Tor in Stuttgart“ rufen lassen, die Spannung steigern und dann das Tor im Vollbild zeigen, so wie es schon in den Jahren vor Arena von Premiere eingeführt war.

Wie viele der ehemaligen Premiere- Mitarbeiter, die vor zwei Jahren bei Arena angeheuert haben und nun arbeitslos sind, zurück zu Premiere kommen, ist noch offen. Die Mitarbeiter hätten dort nichts verlernt, sagt Schmidt. Allerdings werde es zunächst keine „Transfers“ geben. Man habe Respekt vor der Leistung des Konkurrenten Arena, aber bei Premiere gebe es die „schnellste Spielzusammenfassung Europas, zehn Minuten nach dem Abpfiff, keine Fankommentare, keine „Slapsticknummern“. Dafür habe man ein neues Studio in Ismaning gebaut mit der Möglichkeit von 3-D-Analysen und interaktiven Touchscreens. Damit werden sich die Experten Beckenbauer und Matthäus vergnügen. Beide geben eine Woche vorm Bundesliga-Start im Gespräch mit Sebastian Hellmann eine aktuelle Einschätzung, der Georg Kofler etwas unruhig zuhört. Er möchte nun langsam auch zu Wort kommen. Vorher stuft Franz Beckenbauer seine Bayern noch als „haushohen Favoriten“ ein und bedauert, dass Kahn & Co. nicht in der Champions League spielen. Matthäus freut sich neben den „Dop 4“ auf den HSV und Dortmund sowie die Deutschen im europäischen Ausland.

Mit Europa und vor allem mit der „Sportschau“ beschäftigt sich Georg Kofler. Beim Wort „Verkaufen“ reibt sich Kofler die Hände. „Unsere Preispolitik ist fair und selbstbewusst.“ Ein Premiere-Bundesliga-Abo kostet im Kabel fünf Euro mehr als beim Konkurrenten Arena. Bis mindestens Mitte 2008 würden bei Premiere die Preise für die laufende Saison nicht steigen.

Bliebe da noch die Sache mit der „Sportschau“ – die sich eben auf großen Plakaten auch als „Heimat“ der Bundesliga-Fans feiern lässt. Wo ist die Liga nun zu Hause? Die frühe „Sportschau“ mit den ersten frei empfangbaren Bildern um kurz nach sechs ist Kofler schon seit längerem ein Dorn im Auge. „Wir sind bereit, sehr viel mehr Geld auf den Tisch zu legen, wenn es die Sportschau nicht mehr gibt.“ Eine „Sportschau“ erst nach 22 Uhr würde bis zu 1,5 Millionen neue Pay-TV-Kunden bringen. Kofler erwartet trotzdem, dass bis Ende August etwa 200 000 Liga-Abos verkauft werden.

Franz Beckenbauer verlässt nach zwei von ihm eher unbeantworteten Fragen zur Zukunft der „Sportschau“ das Podium. Er habe noch einen Termin. Die Gummibärchenschale ist nach der Veranstaltung leer – der Kaiser mit seinem Wohnzimmer offenbar zufrieden.

Philipp Crone

Zur Startseite