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ZDF-Krimi: Shakespeare im Sägewerk

Der heutige "Fernsehfilm der Woche" will ganz hoch hinaus. Gewollt wie ein Königsdrama, geht es doch nur um ein Sägewerk, seinen Besitzer und seine Erben.

In Shakespeares Richard III. ermordet der König seine Neffen und freit die Witwe seines Rivalen, den er gerade getötet hat. So war das damals: In den besten Familien sorgte Mord für Machterhalt. Und heute? Die Macht verteilt sich auf eine abwählbare politische Klasse und auf mehr oder weniger bekannte Manager. Das Familienprinzip der Herrschaft hat ausgedient. Mord gibt es als Strategie des Machterhalts weiterhin. Aber es ist eher der Rebell oder Geheimnisträger, dem es ans Leben geht. Mord wird funktional begründet, nicht mehr durch das „Blut“.

Umso erstaunlicher, dass die Autoren Peter Petersen und Johannes Grieser (der auch Regie führte) glauben, hier und heute mit einem Plot à la Shakespeare gewinnen zu können. Um ein Königreich geht es bei „Mord in bester Familie“ nicht, aber Patriarch Reinhard Lorenz (Otto Mellies) hat ein Sägewerk und zwei Töchter. Er ist alt und krank und möchte sein Unternehmen in guten Händen wissen. Die ältere Manuela (Maja Maranow) hat die Nachfolge eigentlich schon angetreten – an der Seite ihres Lebensgefährten Jens (Max Herbrechter). Der Ex-Mann (Thomas Sarbacher) ist weit weg.

Aber es kommt anders. Als der Film beginnt, kreuzen sowohl der ominöse Ex als auch Reinhard Lorenz’ jüngere, vor fast zwei Jahrzehnten ausgewanderte Tochter Katrin (Katharina Böhm) auf. Es ist der Geburtstag des Patriarchen. Man ahnt Böses: Intrigen, üble Nachrede, Eifersucht. Aber Mord? Katrin wird vom Felsen gestoßen, sie überlebt. Lorenz irrt durch den Gewitterregen. Die Welt ist aus den Fugen. Aber sie wird nicht wieder eingerenkt, sondern durch Totschlag mit einem schwer erträglichen, falschen Pathos belastet.

Der Film zeigt, dass ein Mord um der dynastischen Macht willen einen Kontext von einer gewissen Größe braucht, um als Verhängnis zu überzeugen. In Shakespeares Königsdramen war das so. Ein Sägewerk ist ein paar Nummern kleiner, da stimmt der menschliche und gefühlsmäßige Rahmen nicht mehr. Die Konflikte der Familie wären durch einen Mediator zu lösen. Gemeuchelt wird nur, damit aus der Familie Lorenz ein Filmstoff wird. „Mord in bester Familie“ hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Barbara Sichtermann

„Mord in bester Familie“, 20 Uhr 15, ZDF

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