zum Hauptinhalt
Ermittlungen mit Aussicht. Britta (Anna Schudt) begleitet Max (Aurel Manthei) beim Verfolgen einer heißen Spur.

© ZDF

ZDF-Provinzkrimi "Mordshunger": Im Fernsehen lieber bunt und schräg

Provinzkrimis sind weiter schwer im Trend: Bei „Mordshunger“ im ZDF ist es allerdings erstaunlich düster und beklemmend geworden.

Von Sylt über die Eifel bis zum Chiemsee – überall sind Dorfpolizisten und Hilfssheriffs im Einsatz und ermitteln einigermaßen humorig kleine und große Verbrechen, die sich zwischen Hühnerställen, Landgasthöfen und Schützenvereinen ereignen. Mit der Bugwelle des erfolgreichen Eifelkrimis „Mord mit Aussicht“ (ARD), der 2014 die meistgesehene Fernsehserie Deutschlands war, schwimmen zahlreiche andere Produktionen mit, die nach dem Muster funktionieren „Landlust trifft Mordlust“. Gute Quoten erzielt auch die ZDF-Reihe „Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen“, die seit 2013 mit vier einstündigen Episoden zu sehen war und nun mit einer Folge in Spielfilmlänge aufwartet.

Im Mittelpunkt stehen die Köchin und Gasthausbetreiberin Britta Janssen (Anna Schudt) und ihr Bruder Max (Aurel Manthei), der Polizeikommissar in einem fiktiven Örtchen im Bergischen Land ist, aber eigentlich keine Kapitalverbrechen ermitteln darf, weil er nicht zur Mordkommission gehört. Seine Schwester mischt sich in mal charmanter, mal dominanter Weise in seine Arbeit ein. „Sie ist interessiert an Zwischenmenschlichem und kommt daher auf andere Art mit den Leuten in Kontakt als ihr Bruder“, sagt Anna Schudt über ihre Figur. Die Geschwister, die ihre Eltern bei einem Unfall verloren haben, wohnen zusammen und sind beide Single, was Raum schafft für verschiedene Liebesverbindungen.

Entführung und sexueller Missbrauch

In der Folge „Wilder Westen“ ist die 17-jährige Lara verschwunden. Ihr zerstörter Roller wird verlassen im Maisfeld gefunden, doch von dem Mädchen fehlt jede Spur. Auch ihre beste Freundin Kiki hüllt sich in Schweigen. Bald gerät ein Dorfbewohner ins Visier des Polizeikommissars Max: Ben (Stephan Luca), der Besitzer des undurchsichtigen Amüsierlokals „Wilder Westen“. Der Verdacht erhärtet sich, doch Britta, die eine leidenschaftliche Affäre mit Ben eingeht, ist skeptisch. Ihr Instinkt sagt ihr, dass jemand anderes dahintersteckt. Da meldet sich Lara unverhofft mit einer SMS, dass es ihr gut gehe und sie nur eine Auszeit von den Eltern brauche. Doch dann finden Britta und Max heraus, dass Lara im „Wilden Westen“ als Animiertänzerin aufgetreten ist. Und das erweitert den Kreis der Verdächtigen gewaltig.

Durch das Thema Entführung und sexueller Missbrauch ist dieser hervorragend besetzte Provinzkrimi erstaunlich düster und beklemmend geworden Da sind die Figuren oft weniger skurril als tief tragisch. Für das Drehbuch, das ohne eine Leiche auskommt, ist neben der „Mordshunger“-Erfinderin Mika Kallwass auch der Autor Jörg Schlebrügge („Kommissar Stolberg“) verantwortlich.

Was die Schauspieler angeht, fühlt man sich als Zuschauer manchmal in einen „Tatort“ versetzt. In einer Nebenrolle als Verdächtiger ist Sebastian Bezzel zu sehen, der sonst als Kommissar im Bodensee-„Tatort“ ermittelt. Und Anna Schudt spielt im Dortmunder „Tatort“ die Hauptkommissarin Martina Bönisch. Da kann man schon einmal durcheinanderkommen bei dieser Krimi- Schwemme.

Charme und Gravitationszentrum

Auch für Anna Schudt könnten es insgesamt weniger Krimis sein. „Ein bisschen krimimüde bin ich schon“, sagt die 41-Jährige. Dennoch sind für sie „Mordshunger“ und „Tatort“ zwei verschiedene Genres. Die klassische Präsidiumsarbeit in Dortmund und die vier Ermittler beim „Tatort“ ließen eine andere Szenerie entstehen als die bunt-schräge Welt von Klein-Beken. Anna Schudts interessantes Gesicht und ihre geerdete Körpersprache verleihen den „Mordshunger“-Geschichten nicht nur Charme, sondern auch eine Art Gravitationszentrum.

Derzeit steht Schudt für das NDR/BR- Doku-Drama „Der gute Göring“ als Emmy Göring vor der Kamera. Historische und biografische Stoffe findet sie interessant: „Es ist spannend, sein eigenes Bild mit einer Figur zu verbinden, die es tatsächlich gegeben hat.“

„Mordshunger – Verbrechen und andere Delikatessen: Wilder Westen“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15

Zur Startseite