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Zu meinem ÄRGER: Der „Stern“ ist bigott

Kai Diekmann, "Bild"-Chefredakteur, resümiert die vergangene Medienwoche und fährt eine Attacke gegen die Magazin-Konkurrenz aus Hamburg

Herr Diekmann, worüber haben Sie sich in der vergangenen Woche in den Medien am meisten geärgert?



Besonders geärgert habe ich mich mal wieder über die Bigotterie mancher Kollegen – dieses Mal über die beim „Stern“. Erst im Januar hatten sie dem hessischen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch „wütende, ressentimentgeladene Ausfälle gegen U-Bahn-Schläger, Schulversager und Multikulti" vorgeworfen. Begründung: Kochs Aussage aus dem Wahlkampf im vorletzten Winter – „Wir haben zu viele kriminelle Ausländer in Deutschland". Jetzt fragt ausgerechnet der „Stern“ in einem langen Artikel zum Thema Ausländerpolitik empört: „Warum haben fast 80 Prozent der Berliner Intensivtäter einen Migrationshintergrund?“ Und schreibt oben drüber: „Multikulti ist endgültig am Ende.“ Häh?! Binnenpluralität ist ja eine feine Sache – aber muss man gleich schizophren werden? Oder, anders ausgedrückt: „Gibt es Selbstekel in der Politik?“, fragte der „Stern“ vor einem guten Jahr in Richtung Frankfurt. Gibt es denn welchen im Journalismus?

Gab es auch etwas, worüber Sie sich freuen konnten?


Und wie: Darüber, dass die ekelhaften Angriffe des türkischen Premierministers auf die Pressefreiheit ihm im Wahlkampf absolut nichts genutzt haben. Obwohl Tayyip Erdogan mit all seiner missbrauchten Macht versucht, regierungskritische Medien mundtot zu machen oder gleich in die Pleite zu treiben, schmiert er in den Umfragen ab. Mein Glückwunsch geht an die aufgeklärten Bürger der Türkei! Und dass in Deutschland wirklich alle wichtigen Blätter das genauso sehen – von der „taz“ bis zur „FAZ“ – finde ich auch ganz toll. Manchmal kann man auf unseren Berufsstand einfach nur stolz sein.

Welche Website können Sie uns empfehlen?


Medienleuten? www.buzzmachine.com, den Blog des New Yorker Professors Jeff Jarvis. Kaum jemand sieht ähnlich scharfsinnig, was mit uns allen gerade passiert – und niemand gießt es präziser in Worte.

Kai Diekmann, „Bild“-Chefredakteur

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