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Was das Profil bei Facebook verrät, das entscheidet der Nutzer selbst.

© dpa

Zu PAPIER gebracht: Facebook: Fürchtet euch vor euch selbst

Die neuen Datenschutzregeln müssen keine Panik auslösen. Wenn der Facebook-Freund das Netzwerk als Geschäft auf Gegenseitigkeit begreift.

Ich bekenne, ich habe es nicht getan. Ich habe meinen Facebook-Account nicht gelöscht, nachdem mich die neuen Datenschutzregeln vor die brutale Wahl gestellt haben: Friss oder stirb.

Ich bekomme jetzt einen virtuellen Beobachter an die Seite gestellt. Er trackt meine Internet-Biografie, mehr noch, er wird sich mein Klick-Verhalten zunutze machen, meine Daten kommerzialisieren. Werbung wird auf meine Person, auf meine Persönlichkeit zugeschnitten, das wird die sichtbarste Konsequenz aus meinem „Ich bleibe drin“-Schritt sein. Kann lästig, vielleicht sogar peinlich werden.

Facebook möchte mehr, offensiver und transparenter Geld mit mir verdienen. Ich akzeptiere das. Ich sehe mich als Geschäftspartner im Geschäftsmodell von Mark Zuckerberg, ich sehe mich nicht als „Freund“. Leistungen werden in Anspruch genommen, die mit der Währung der persönlichen Daten bezahlt werden. Facebook ist ein börsennotiertes Unternehmen, Umsatz und Gewinne müssen stimmen. Hätte ich bloß Aktien gekauft!

Habe ich nicht, ich habe nur einen Account. Eitelkeit, Neugier, Kontaktpflege sind die Triebfedern, der Messenger mit eingebautem Telefondienst ist ungemein praktisch. Und weil 20 Millionen Deutsche so oder so ähnlich denken, haben die konkurrierenden Netzwerke wie Diaspora, Ello, Path oder Yoycee einen eminenten Nachteil: Sie sind exklusiv, die Zahl der Nutzer geht in keinem Fall über 1,5 Millionen (weltweit!) hinaus. Eigentlich will jeder exklusiv, also als ein Besonderer wahrgenommen werden, bei Facebook ist er Massenmensch, Datenvieh, eigentlich nur der digitalisierte Spielball eines US-Multis. Wo aber ist er so warm und trocken und kuschlig eingehüllt wie in der milliardenfach geteilten Dummheit des Schwarms?

Erfahrung macht den Facebook-Nutzer schlau

Wer schon länger bei Facebook Mitglied ist, der hat seine Erfahrungen gemacht. Vor allem, dass persönliche Postings deutlich mehr „Likes“ provozieren als irgendwelche Fotos, irgendwelche Zitate, irgendwelche Veranstaltungstipps. Menschen, Bekannte, Freunde sind so neugierig, wie man es selber ist. Sie schauen gerne über den Zaun, sie schauen gar nicht klammheimlich ins Wohnzimmer, manche wollen gar Persönlichkeit und Seele ergründen – und dann öffentlich darüber posten und prusten. Solche Erfahrungen machen nachdenklicher, vorsichtiger. Mit Facebook „prominent“ werden zu wollen, heißt mit Facebook lernen zu müssen. Was will ich von und über mich sagen, von mir zeigen? Ich bin mein eigener Öffentlichkeitsarbeiter. Mit dem Risiko, dass ich die Fingerchen wieder nicht im Zaun halte, mit der Chance, dass ich – als lernendes Wesen – meiner Ego-Verbreitung bewusste, enge Grenzen setze.

Unterm Strich: Ich fürchte mich nicht vor den neuen Datenschutzregeln, ich fürchte mich vor mir selbst.

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