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Google - gehasst und geliebt zugleich

© dpa

Zu PAPIER gebracht: Jammertal goes Silicon Valley

Deutsche Manager beklagen zu gerne die Macht von Google und Facebook - und dann fahren sie zu Google und Facebook, um sich begeistern zu lassen

Fangen wir mal mit dem Jammern an, das kommt in Deutschland immer gut. Thomas Ebeling, Chef des Medienkonzerns Pro Sieben Sat 1, hat im „Bilanz“-Interview die Macht großer amerikanischer Digitalriesen beklagt: „Man muss sich doch nur angucken, über welche Marktdominanz und Datenmengen Google, aber auch Facebook verfügen.“ Und der Suchmaschinenriese verfüge über einen Marktanteil von 96 Prozent. Also fordert Ebeling die Politik auf, eine Zerschlagung von Google zu prüfen. Er erinnert dabei an die Post, deren einstiges Monopol im Sinne des Wettbewerbs beendet wurde.

Der Pro Sieben Sat 1-Chef reiht sich damit in die bewährte Phalanx der Ami-Kritiker ein. Das kann er machen, klar, allein, er könnte schon mal zugeben, wie sehr sein Medienkonzern heutzutage seine Geschäfte und Gewinne längst nicht von German TV abhängig macht, sondern von den digitalen Ideen, die nicht in Unterföhring, sondern im Silicon Valley ausgebrütet wurden. Es nähme nicht Wunder, wenn die „Pro Sieben Sat 1“-Manager alle naselang nach Kalifornien führen, um sich die neusten Goldadern zeigen zu lassen. Zurück in Deutschland wird die deutsche Kopie gezogen, dann wird mächtig verdient.

Joachim Huber
Joachim Huber

© Kitty Kleist-Heinrich

Deutsche Manager unternehmen Pilgerfahrten nach Kalifornien

Dieses deutsche Modell, Jammertal goes Silicon Valley, wird quer durch die Wirtschaft geübt. In der „FAZ“ fand sich dieser Woche ein ausführlicher Bericht über die Pilgerfahrten deutscher Manager in die Heimat von Google und Facebook. Der Stahlhändler Klöckner & Co, RWE-Chef Peter Terium, der Eigentümer des Prothesenherstellers Otto Bock, die Werbeagentur Serviceplan, Telekom-Chef Timotheus Höttges – sie alle lassen sich in den Besucherzentren, Labors und Chefetagen „the next big thing“ erklären. Und hören mit großen Ohren und leuchtenden Augen zu: „Wir in Deutschland versuchen, etwas zehn Prozent besser zu machen. Im Silicon Valley versuchen sie, etwas zehn Mal besser zu machen“, wird Serviceplan-Chef Dominik Terruhn zitiert. Andere Firmen wie SAP oder die Software AG verlagern gleich wichtige Segmente ihrer Entwicklungsabteilungen ins „Valley“, wie der kalifornische Hot Spot von den Pilgern nur noch genannt wird.

Irgendwas geht dann beim Rückflug über den Teich verloren, gar zu gerne wandelt sich die positive Energie in den guten deutschen Mäkelton um. Google ist böse, Facebook ist doof, US-Macht wird German Ohnmacht. Wir sollten uns jetzt mal entscheiden: entweder selber besser machen oder nur die weltbesten Kopisten sein. Der dritte, der deutsche Weg war schon Irrweg: überholen, ohne einzuholen. Schon vergessen, wem dieser Geniestreich eingefallen war, ehe ihn sein Irrweg in die Sackgasse und um die Macht im Staate brachte? Google weiß die Antwort. Huch.

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