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Lange war die Marktmacht von Google vielen Verlegern nicht geheuer.

© dpa

Zu PAPIER gebracht: Schöne neue Behörde

Tapfer, tapfer, die EU will Google regulieren. Wäre die Förderung einer Konkurrenz zum US-Riesen nicht der bessere Weg?

Okay, die EU gehört nicht zu den schnellen Entscheidern – das weiß jeder, der zum Beispiel den Datenschutz noch ernst nimmt. Doch soll man die Hoffnung auf Erkenntnis, die zu Politik wird, nie aufgeben. Und so könnte es in den kommenden Jahren für die Zukunftsmacher aus dem Silicon Valley, allen voran für Google, schwerer werden, bestehende Monopole zu verteidigen. Schwer zu sagen, was den Digital- Kommissar Günther Oettinger wirklich treibt, aber man kann fast meinen, da habe einer seine Berufung gefunden. Oettingers jüngstes Projekt macht Hoffnung: Er lässt die Voraussetzungen für eine EU-Regulierungsbehörde prüfen, um Netzriesen wie Google und Facebook zu beaufsichtigen und zu regulieren. Das berichtet das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf interne Papiere aus Oettingers Digitalkommissariat.

Werner van Bebber
Werner van Bebber

© Kai-Uwe Heinrich

Sicher, besser wäre es, wenn die Europäische Union mit sehr, sehr, sehr viel Geld Konkurrenten von Google fördern würde. Denn die Ambitionen dieses Unternehmens, seine Fähigkeit, aus Big Data Geld und neue Geschäftsmodelle zu machen, gehen dahin, dass Google mehr über uns weiß als wir selbst. Für Facebook gilt Ähnliches, bloß ist der Kontroll- und Versorgungsanspruch der Facebook-Strategen anscheinend etwas weniger stark ausgeprägt als der der Google-Vordenker.

Die EU reagiert spät, aber nicht zu spät

In der EU haben sie die Entwicklung der genialen Erfindungen zu Großkonzernen mit undurchsichtigen Plänen und Geschäftspraktiken jahrelang geschehen lassen. Erst die neue Kommission des gern ein wenig müde erscheinenden Oberkommissars Jean-Claude Juncker macht in dieser Hinsicht einen hellwachen Eindruck. Vor Kurzem kündigte die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ein Bußgeldverfahren gegen Google wegen möglicherweise unfairen Verhaltens gegenüber kleineren Mitbewerbern an. Jetzt lässt Oettinger das Monopol als solches überprüfen.

Das wird spannend, zumal Oettinger bei Gelegenheit schon deutlich sagte, dass er nichts übrig hat für die Google-Praktiken beim Absaugen von Daten zu eigenem Nutzen bei gleichzeitiger Missachtung deutscher Richtlinien. Die EU in ihrer Schwerfälligkeit mag lange, zu lange, gebraucht haben, um digitalpolitisch Tritt zu fassen. Jetzt aber ist sie auf Tempo. Klar, „Regulierungsbehörde“ klingt wie ein Politrezept von gestern. Dass aber die Tech-Konzerne aus dem kalifornischen Tal unsere schöne digitale Welt noch schöner und besser machen, ist ein Versprechen von vorgestern.

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