zum Hauptinhalt
Foto: WDR

© WDR/Steffen Junghans

Zurück ins Jahr 1947: Romeo und Julia unter Tage

Als die Sowjets die Bombe zu lieben lernten: „Der Uranberg“ bewegt sich zwischen Liebesfilm und Historiendrama aus dem Erzgebirge.

Der Stoff für die sowjetische Atombombe kam aus Deutschland, jedenfalls zum großen Teil. Bei der Wismut AG im Erzgebirge wurden nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende der DDR mehr als 200 000 Tonnen Uran gefördert. Ein – jedenfalls im Westen – weniger bekanntes Stück Industriegeschichte in der Epoche des Kalten Kriegs. Das Fernsehen schaltet mit dem Film „Der Uranberg“ von Dror Zahavi (Regie) und Hans-Werner Honert (Buch) zu den Anfängen zurück, ins Jahr 1947. Die Sowjets sind Besatzungsmacht, die jungen deutschen Kommunisten noch voller Idealismus und die anderen froh, dass es einfach irgendwie weitergeht.

Das trifft auch auf die Familie von Gottlieb Meinel (Christian Redl) zu, einem Bergmann durch und durch. Seine Frau Elsa (Imogen Kogge) nennt ihn „alter Berggeist“, sein Sohn Kurt (Vinzenz Kiefer) begrüßt ihn mit einem kernigen „Glückauf, Herr Obersteiger“. Kurt kehrt in der ersten Szene aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft heim, was auch den Vater rührt. Doch die beiden geraten immer wieder aneinander, denn Kurt ist zum überzeugten Antifaschisten geworden, während der Vater an der Integrität seines als Kriegsverbrecher hingerichteten ältesten Sohnes nicht zweifeln mag. Beide arbeiten für die Sowjets im Bergwerk.

Eine andere Zeit war das, gewiss, aber ging es immer nur ums Große und Ganze? Das Spiel der Darsteller leidet unter der schweren Last der historisch aufgeladenen Dialoge. Immer wieder müssen sie sich ihre Sicht der Welt erklären – ein bisweilen etwas aufdringliches Lehrstück. Um so kurioser ist die historische Freiheit, die sich der Film auf der sowjetischen Seite nimmt. Denn die Sowjets sprechen alle das schönste Hochdeutsch, eine wirklich deplatzierte sprachliche Verbrüderung, die damit zu tun hat, dass im deutschen Fernsehen höchst ungern untertitelt wird. In einem Film, der auch von den Spannungen zwischen Siegern und Besiegten lebt, wäre das angebracht gewesen.

Henry Hübchen, der den russischen Befehlshaber Major Burski spielt, behilft sich damit, dass er in Heiserkeit verfällt und viel raucht. Dieser Burski ist neben Gottlieb Meinel der spannendste Charakter des Films. Kein tumber Militär, sondern einer, der clever an verschiedenen Fronten kämpft, aber im Äußersten auch bereit ist, für die Bombe seine Seele zu verkaufen. Beziehungsweise seine Tochter Lydia (Nadja Bobyleva). Kurt hat Gefallen an ihr gefunden, Lydia an Kurt auch. Das ist „Der Uranberg“ – eine knapp drei Millionen Euro teure Koproduktion von MDR, WDR und Arte – natürlich auch: Eine Liebesgeschichte, Romeo und Julia unter und über Tage.

Mühsam arbeitet sich der Film nach dem ersten Höhepunkt, dem Bergwerksunglück, bis zum Ende vor. Ohnehin haben die Liebesturbulenzen eigentlich nichts mit der Bombe zu tun, aber der Traum von einem Aufbruch, für den die Romeo-und-Julia-Geschichte steht, ist schon vorbei, ehe die neuen Zeiten richtig begonnen haben. Thomas Gehringer

„Der Uranberg“, Arte, 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false