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Das Amt vor Augen. Karola Wille soll neue Senderchefin in Leipzig werden. Foto: dpa

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Zweiter Anlauf: Wille auf dem Weg

Kehrtwende: Der MDR-Verwaltungsrat will nur noch die Senderjustiziarin als künftige Intendantin. Dabei hatte das Gremium Karola Wille schon mal durchfallen lassen.

Den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) soll künftig eine Frau führen. Die bisherige stellvertretende Intendantin und Justiziarin Karola Wille ist als neue Chefin der Dreiländeranstalt für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auserkoren worden. Der siebenköpfige MDR-Verwaltungsrat einigte sich am Sonntag einstimmig und in geheimer Wahl auf diese Kandidatin für den fünftgrößten ARD-Sender. Karola Wille muss jetzt noch – voraussichtlich am 23. Oktober – vom Rundfunkrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden.

An dieser Hürde war der erste Kandidat des Verwaltungsrates, Chefredakteur Bernd Hilder von der „Leipziger Volkszeitung“, Ende September im Rundfunkrat gescheitert. Gründungsintendant Udo Reiter, 67, scheidet auf eigenen Wunsch am 31. Oktober aus.

Die rasche und vor allem einstimmige Wahl der 52-Jährigen mag auf den ersten Blick überraschen. Wille hatte sich bereits im September zusammen mit Hilder und mit dem stellvertretenden WDR-Fernsehdirektor Helfried Spitra im Verwaltungsrat vorgestellt. Beide waren aber damals Hilder unterlegen. Zunächst hatte die Favoritin Wille mit vier zu drei Stimmen im Gremium vorne gelegen, dann war es den „Königsmachern“ aus der sächsischen Staatskanzlei, allen voran deren Chef Johannes Beermann, durch intensive Überzeugungsarbeit und nach vier Wahlgängen gelungen, aus der Mehrheit für Wille eine Mehrheit von Fünf-zu-Zwei-Voten für Hilder herzustellen. Diese mehr oder weniger camouflierte Instrumentalisierung des Verwaltungsrates durch die CDU-Vertreter hat den pluralistisch besetzten Rundfunkrat mit 43 Mitgliedern derart in Rage versetzt, dass Kandidat Hilder am 26. September statt der notwendigen 28 Ja-Stimmen 29 Nein-Stimmen kassierte. Der Chefredakteur der „Leipziger Volkszeitung“ durfte sich schlichtweg verheizt fühlen. Und die CDU-Granden im Verwaltungsrat vollführten am Sonntag eine 180-Gradkehre und stimmten geschlossen für Kandidatin Wille. Zu eindeutig war die Niederlage für Hilder eine Klatsche für ihre parteipolitisch motivierte Personalpolitik gewesen. Jetzt, im zweiten Anlauf wollen alle Sieger sein. Vor diesem Hintergrund scheinen jegliche Einwände gegen Karola Wille verflogen, die bisher gegen sie vorgebracht wurden.

Die gebürtige Chemnitzerin studierte von 1978 bis 1982 in Jena Rechtswissenschaften und promovierte 1986. In ihrer Dissertation werden die Errungenschaften im SED-Staat gefeiert. Nach der Wende absolvierte Wille ein juristisches Fernstudium an der Fernuniversität Hagen. 1991 startete sie als Referentin in der Juristischen Direktion des MDR, seit 1996 ist sie juristische Direktorin, später wurde sie zudem stellvertretende Intendantin. Karola Wille hat eine Tochter und ist Honorarprofessorin für Medienrecht an der Uni Leipzig.

Die Juristin tritt besonnen, mehr zurückhaltend auf, sie ist im Sender beliebt. Den MDR kennt sie aus dem Effeff, verwunderlich daher, dass all die Affären vom millionenschweren Kika-Betrugsskandal bis zum in Unehren entlassenen Unterhaltungschef Udo Foht der stellvertretenden Intendantin und Justiziarin nicht weiter angekreidet werden. Für die Gremien scheint die „Innenkompetenz“ der MDR-Führungskraft stärker ins Gewicht zu fallen. Dann ist sie eine Frau aus dem Osten, ein enormes Argument im Rundfunkrat. Die erste Aufgabe der künftigen Intendantin ist klar. Der Vorsitzende des Verwaltungsrates, Gerd Schuchardt, sagte nach der Wahl, dass Karola Wille es „als Herausforderung sieht, dass der MDR durch einen transparenten, glaubwürdigen und nachhaltigen Aufklärungsprozess wieder zur Ruhe kommt, um alle Anstrengungen darauf richten zu können, weiterhin eine glaubwürdige mediale Stimme für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu sein.“ Joachim Huber

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