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Twitter-Gründer Biz Stone ist das Aushängeschild des kalifornischen Unternehmens, dessen Wert auf 4,5 Milliarden Dollar geschätzt wird. Foto: Reuter

© REUTERS

Zwitschern weltweit: 140-Zeichen-Geigerzähler

Fünf Jahre nach dem Start kommt niemand an Twitter vorbei, auch nicht Japans Atomindustrie.

Mit geschätzten 200 Millionen Nutzern ist Twitter zwar längst nicht so groß wie Facebook mit seinen weit über eine halbe Milliarde Mitgliedern. Fünf Jahre nach dem Start des Internet-Nachrichtendienstes am 21. März 2006 hat das „Gezwitscher“ eins jedoch erreicht: Es gibt kein Ereignis, das nicht in Twitter stattfindet. Und es gibt viele Nachrichten, die von Twitter aus ihren Weg in die Welt nehmen. Nicht zuletzt die Ereignisse in Japan zeigen, dass Twitter ein relevantes Medium geworden ist. Selbst die in ihrer Informationspolitik zurückhaltende Betreiberfirma der japanischen Katastrophen-Reaktoren informiert via Twitter über den Fortgang der Rettungsanstrengungen. Japans Premierminister Naoto Kan fordert seine Landsleute via Twitter zum Stromsparen auf. Bereits am Tag des Bebens wurde für ihn ein japanischsprachiges Twitter-Konto eingerichtet. Seit einigen Tagen werden die Tweets (Twitter-Botschaften) auch in Englisch verbreitet. Die Internationale Atomenergiebehörde nutzt Twitter, um über Strahlenwerte und verletzte Mitarbeiter in Fukushima zu informieren. Doch die eigentliche Stärke von Twitter ist, dass man auf twitter.com mit Stichworten wie #Japan, #earthquake oder #fukushima ungefilterte Nachrichten erhält.

Das Prinzip ist so erfolgreich wie einfach: Eine Nachricht ist maximal 140 Zeichen lang, kann aber Links zu anderen Internetseiten enthalten. Zum Zwitschern eignen sich Computer genauso wie Handys, die legendäre Nachricht über die gelungene Notlandung eines Flugzeugs im Hudson River wurde von einem iPhone abgeschickt. Inzwischen verbreitet Twitter eine Milliarde Botschaften pro Woche.

Der erfolgreichste Nachrichtendienst des Internets entstand dabei eher zufällig. Der Legende nach wollte die kalifornische Firma Odeo einen neuen Podcasting- Dienst entwickeln. Einer der Entwickler, namens Jack Dorsey, hatte die Idee, seine Kollegen über Statusmeldungen in Form von SMS über den Fortgang der Entwicklung zu unterrichten. Zwei Wochen später war die Plattform in ihren Grundzügen fertig. Über den genauen Inhalt der ersten Twitter-Nachricht gibt es unterschiedliche Versionen. Entweder schrieb Jack Dorsey einfach nur „inviting coworkers“ oder oder „Richte soeben mein Twitter ein“.

„Es ist nicht unbedingt ein Triumph der Technologie, sondern ein Triumph der Menschlichkeit“, hatte Twitter-Mitgründer Biz Stone den Erfolg des Dienstes kürzlich in einem AFP-Interview erklärt: „Wir sind nicht erfolgreich wegen unserer Algorithmen und Geräte, sondern durch das, was die Menschen damit machen.“ Und die nutzen es auf unterschiedlichste Weise. Twitter ist genauso Nachrichtenticker und Informationsbörse wie Gerüchteküche und Quasselbude. Es wird über den „Tatort“ diskutiert und wenn ein Wahlleiter nicht aufpasst, werden auch parlamentarische Entscheidungen schneller als gewünscht getwittert. Besonders an Twitter ist zudem die Nähe zwischen Prominenten und Fans. Als Follower – also als Abonnent einer Seite – erfahren sie sofort, ob Lady Gaga kurzzeitig in die Rolle des Mode-Models schlüpft oder welche Ausfälle sich Charlie Sheen erlaubt hat. In Showbiz und Sport werden viele Ankündigungen zuerst über Twitter abgesetzt.

Die Popularität von Twitter in Deutschland hält sich in Grenzen. Das US-Unternehmen strebt darum eine Kooperation mit den Mobilfunkbetreibern an, um auch hierzulande über Handy-SMS erreichbar zu sein. Das größte Problem für die Twitter-Betreiber um Gründer Biz Stone ist aber die Finanzierung. Von der US-Bank JP Morgan wurde Twitter zuletzt mit 4,5 Milliarden Dollar bewertet, aber die Versuche, mit Werbeeinblendungen Geld zu verdienen, stoßen auf wenig Gegenliebe. An der Attraktivität hat das nichts geändert: Täglich kommen 460 000 neue Twitter-Nutzer hinzu. Kurt Sagatz

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