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Meinung: ... Afrika

Wer als Besucher an die Südspitze Afrikas kommt, ist immer wieder überrascht, wie viel intensiver und vor allem freundlicher als daheim die soziale Interaktion zwischen den Menschen hier verläuft – zumindest an der Oberfläche. Der Passbeamte begrüßt den Rückkehrer, als er bei der Ankunft durch dessen Reiseausweis blättert, mit einem freundlichen „Welcome home“ und will auch gleich noch wissen, wie gut Deutschland auf die Fußball-WM vorbereitet sei.

Wer als Besucher an die Südspitze Afrikas kommt, ist immer wieder überrascht, wie viel intensiver und vor allem freundlicher als daheim die soziale Interaktion zwischen den Menschen hier verläuft – zumindest an der Oberfläche. Der Passbeamte begrüßt den Rückkehrer, als er bei der Ankunft durch dessen Reiseausweis blättert, mit einem freundlichen „Welcome home“ und will auch gleich noch wissen, wie gut Deutschland auf die Fußball-WM vorbereitet sei. Auch im südafrikanischen Alltag ist eine starke Dynamik spürbar: Fremde werden auf der Straße gegrüßt, Kunden in Geschäften in ein Gespräch verwickelt, selbst wenn sie nichts kaufen. Trotz der anhaltend hohen Kriminalität und einer dadurch bedingten zunehmenden Vorsicht ist die menschliche Begegnung noch immer direkter, herzlicher und auch weit weniger von Sozialkonventionen geprägt als in Europa.

Vielleicht erklärt dies auch, weshalb die Afrikaner trotz der wirtschaftlichen Misere bei Umfragen stets zu den größten Optimisten zählen. Gerade erst hat die Forschungsgruppe Gallup bei ihrer alljährlichen Umfrage ermittelt, dass Afrikaner bei der Frage, ob das neue Jahr besser als das alte wird, weltweit stets auf den vordersten Plätzen rangieren. Von den befragten 52 000 Menschen in 62 Ländern glaubten weltweit weniger als die Hälfte, dass es in diesem Jahr bergauf gehen würde. Ausgerechnet in Afrika jedoch lag der Anteil bei fast 60 Prozent – fast doppelt so hoch wie in Europa.

Handelt es sich also um eine Fehleinschätzung der eigenen Lage? Vermutlich. Die Gallup-Forscher sind jedenfalls überzeugt, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem geäußerten Optimismus und der Realität gibt. Afrikaner, allen voran die 140 Millionen Nigerianer mit ihrem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 300 Dollar, gehören in puncto Optimismus stets zu den Spitzenreitern, unabhängig von der eigenen Lage. Im Gegensatz dazu zählen die Griechen zu den größten Pessimisten, dicht gefolgt von den Portugiesen und Franzosen. Zyniker glauben, dass die Afrikaner vor allem deshalb so positiv denken, weil es um ihren Kontinent inzwischen so schlecht bestellt ist, dass die Lage kaum noch schlimmer werden kann. Der nigerianische Politikwissenschaftler Kayode Fayemi teilt diese Einschätzung. „Was die Menschen in Afrika durchhalten lässt, ist allein die Hoffnung auf eine unbekannte Zukunft. Anders kann man ihren ungebrochenen Optimismus nicht erklären, denn er lässt sich in keiner Weise durch die triste Realität untermauern.“ In Afrika gilt folglich noch mehr als anderswo: die Hoffnung stirbt zuletzt.

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