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Meinung: … Frankreich

Hätte er die Folgen bedenken müssen? Von einem Tag auf den anderen musste Robert Redeker aus Angst um sein Leben von der Bildfläche verschwinden, den Unterricht an einem Gymnasium in Toulouse einstellen, sein Domizil verlassen und sich von seiner Familie trennen.

Hätte er die Folgen bedenken müssen? Von einem Tag auf den anderen musste Robert Redeker aus Angst um sein Leben von der Bildfläche verschwinden, den Unterricht an einem Gymnasium in Toulouse einstellen, sein Domizil verlassen und sich von seiner Familie trennen. Am Telefon antwortet er nicht mehr. Nur manchmal meldet er sich noch per E-Mail. Unerreichbar für Freunde und Kollegen lebt er unter Polizeischutz im Verborgenen. Auch seine Frau und seine Kinder mussten untertauchen.

Unter der Überschrift „Was soll die freie Welt angesichts der islamistischen Einschüchterungen tun?“ hatte sich Redeker in „Le Figaro“ mit dem Echo auf die Regensburger Vorlesung von Papst Benedikt XVI. auseinandergesetzt. Darin beschwor er die Gefahr, dass die islamische Welt mit ihren Protesten dem Westen ihre Werte aufzwinge. Während Juden- und Christentum der Gewalt entsagt hätten, verherrliche der Islam im Koran und seinen Riten Gewalt und Hass. Mohammed nannte er einen „gnadenlosen Kriegsherrn, Plünderer, Judenmörder und Polygamisten“. Der arabische Fernsehsender Al Dschasira griff Redekers Polemik auf. Seither wird seine Mailbox mit Hassbotschaften islamistischer Extremisten überschüttet. Im Internet zirkulieren Mordaufrufe. Hätte er also besser geschwiegen? Manche meinen dies.

Redeker hat getan, was von einem Philosophen erwartet wird – er hat gestört. Und das eben scheint zu stören. So werden die Morddrohungen, vor denen sich der 52-jährige Philosophieprofessor in Sicherheit bringen musste, zwar verurteilt. Doch nicht wenige Solidaritätsbekundungen klingen verlegen. Als Beamter hätte er mehr Zurückhaltung üben müssen, erklärte zum Beispiel Erziehungsminister Gilles de Robien. Premierminister Dominique de Villepin sagte, jeder habe das Recht, seine Meinung zu äußern, müsse dabei aber die Meinungen anderer respektieren. Ähnlich ließ sich sogar die Liga für Menschenrechte vernehmen.

Nun aber haben namhafte Intellektuelle in einem Aufruf tatkräftige Solidarität mit Redeker gefordert. „Was er auch immer geschrieben hat“, erklären die Unterzeichner, unter ihnen der Philosoph André Glucksmann und der Cineast Claude Lanzmann, „es geht um unsere fundamentalen Freiheitsrechte.“ Dennoch: Hätte Redeker nicht doch mehr Verantwortung zeigen müssen? „Mich nerven diese Appelle an die Verantwortung der Intellektuellen“, empört sich die Schriftstellerin Elisabeth Badinter, „das ist doch nichts anderes als eine Aufforderung zu schweigen.“

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