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Meinung: … Österreich

über das Sommermotto der ÖVP: Schwulenehe hui – Abtreibung pfui! Seit fast fünf Jahren ist in Österreich die Volkspartei von Kanzler Wolfgang Schüssel nun schon an der Macht und als großartigen Visionär hat man ihn in dieser Zeit wirklich nicht verdächtigen können.

über das Sommermotto der ÖVP: Schwulenehe hui – Abtreibung pfui! Seit fast fünf Jahren ist in Österreich die Volkspartei von Kanzler Wolfgang Schüssel nun schon an der Macht und als großartigen Visionär hat man ihn in dieser Zeit wirklich nicht verdächtigen können. Er hat sich als ziemlich pragmatischer Machtpolitiker profiliert, seine Partei wiederum als noch pragmatischerer Kanzler-Wahlverein. Ideen? Absolute Fehlanzeige.

In diesem innenpolitischen Sommerloch, das in Österreich an sich von den doch eher unzüchtigen Priesterseminaristen gut gefüllt wurde, ist das aber nun ganz anders. Die ÖVP macht auf einmal in Gesellschaftspolitik. Da sind zum einen einmal die Freunde von der steiermärkischen Volkspartei. Gerade eben ließen sie mit dem Vorschlag aufhorchen, auch in Österreich gleichgeschlechtliche Eheschließungen zuzulassen. Diese Homo-Ehe-light soll Schwule und Lesben im Sozialversicherungs- und Erbschaftsrecht mit Hetero-Paaren gleichstellen. Schon klar – europaweit gesehen kann man diesen Vorschlag jetzt nicht unbedingt als avantgardistisch bezeichnen, doch für das streng katholische Österreich ist die Idee allemal ein Meilenstein.

Dass es mit der Modernität der ÖVP aber nicht weit hergeholt ist, beweist die zweite Kampagne des Sommers: In Salzburg hat sich die Parteiführung dem Kampf gegen die Abtreibung verschrieben. Genau 30 Jahre, nachdem der SPÖ-Justizminister Christian Broda Abtreibungen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen unter medizinischer Aufsicht legalisiert hat, wollen die Salzburger Konservativen den Schwangerschaftsabbruch in Landeskrankenhäusern verbieten. Für den neuen ÖVP-Landeschef Haslauer käme das einer „Einladung zur Abtreibung“ gleich, die er auf keinen Fall unterstützen will – selbst wenn darüber die eben erst gebildete Salzburger Koalition aus SPÖ und ÖVP kippen sollte. Dass man im dritten Jahrtausend das Recht auf Abtreibung noch in Frage stellen kann, ist doch eher verwunderlich und hat dazu geführt, dass aufgeschlossene Politiker im ganzen Land gegen die Salzburger mobil machen. Für die ÖVP, die erst im März den Posten des Landeshauptmanns an die SPÖ verloren hat, ist der Kampf aber unerlässlich und Sinnbild einer neuen Ideologisierung. Haslauer und seine Parteifreunde haben sich einer Rekatholisierung verschrieben und zeigen sich oft beim gemeinsamen Messbesuch. Was soll man also von dieser ÖVP mit diesen unterschiedlichen Signalen halten? Schwer zu sagen – der Kanzler, ganz Pragmatiker, hat sich in beiden Fragen jeglichen Kommentars enthalten. Und auch das ist wohl ein Kommentar.

Markus Huber

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