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Meinung: … Österreich

Markus Huber weiß, warum die Seligsprechung Karls I. selbst bei unseren Nachbarn umstritten ist.

Die Habsburger also. Lange hatte man in Wien nichts mehr vom Herrschergeschlecht a.D. gehört, doch nun sind sie wieder da. Seit Wochen diskutiert das offizielle Wien, wie es damit umgehen soll, dass der letzte Habsburger-Regent Karl I. am kommenden Wochenende vom Papst selig gesprochen wird. Die sozialdemokratische Opposition, ansonsten an Glaubensfragen nicht besonders interessiert, findet die Seligsprechung „ein falsches Signal“, die katholisch geprägte Volkspartei wiederum freut sich über dieses Zeichen der „Wertschätzung für einen Repräsentanten des historischen Österreichs“. Bei der Zeremonie am nächsten Sonntag werden deswegen neben den Erzbischöfen aus Wien und Graz der ÖVP-Parlamentspräsident Andreas Khol, die Gesundheitsministerin und mehrere Parlamentsabgeordnete teilnehmen. Bundespräsident Heinz Fischer, ein gläubiger Atheist, der von der Familie Habsburg persönlich nach Rom eingeladen war, möchte an der Zeremonie nicht teilnehmen, weil er sich deplatziert vorkommt.

Der Neffe von Kaiser Franz hatte den Thron 1916 bestiegen, mitten im Ersten Weltkrieg. Karl war damit Oberbefehlshaber der k.-&-k.-Armee und also zumindest indirekt verantwortlich für den Tod von mehreren Millionen Soldaten und Zivilisten. In der Kriegsführung war seine Armee auch nicht unbedingt als besonders christlich bekannt – der glorreiche österreichische Sieg in der 12. Isonzo-Schlacht im Jahr 1917 etwa, von den Habsburgern gerne als „Wunder“ bezeichnet, ist in Wahrheit auf den massiven Einsatz von Giftgas zurückzuführen.

Dennoch war Karl 1. ein ziemlich frommer Mensch. Von Zeitzeugen wird berichtet, dass er, als er im portugiesischen Exil von einem schlimmen Reizhusten geplagt wurde, sogar auf die Kommunion verzichtete, um die Sakramente nicht zu entweihen. Schon kurz nach seinem Tod gründete sich in Wien die „Gebetskreis Kaiser Karl für den Völkerfrieden“ genannte Liga, die Karls Seligsprechung vorantrieb. Spätestens als 1960 eine brasilianische Nonne nach Anbetung von „Gottes Diener Karl“ von ihren Krampfadern befreit wurde, war auch das dringend benötigte Wunder geschehen. Als wäre das alles noch nicht genug, setzte am Mittwochabend Wilfried Seipel, der Direktor des Wiener Kunsthistorischen Museums, noch einen drauf. Bei einer Buchpräsentation zu Ehren Karls begrüßte er dessen Sohn Otto Habsburg offiziell als „kaiserliche Hoheit“. Ein Skandal in Österreich, wo Adelstitel seit 1919 verboten sind und Otto Habsburg sogar auf sein „von“ im Namen verzichten muss.

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