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Meinung: … Spanien

Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef Jose Luis Zapatero wird noch diesen Sommer offizielle Gespräche mit der baskischen Terrororganisation ETA aufnehmen. Eine mutige Entscheidung vor dem Hintergrund, dass die ETA viel Blut an ihren Händen hat und in Spanien in den letzten drei Jahrzehnten mehr als 800 Menschen umbrachte und das Leben von tausenden Hinterbliebenen zur Hölle machte.

Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef Jose Luis Zapatero wird noch diesen Sommer offizielle Gespräche mit der baskischen Terrororganisation ETA aufnehmen. Eine mutige Entscheidung vor dem Hintergrund, dass die ETA viel Blut an ihren Händen hat und in Spanien in den letzten drei Jahrzehnten mehr als 800 Menschen umbrachte und das Leben von tausenden Hinterbliebenen zur Hölle machte.

Für manchen in Spanien ist es eine wagemutige Entscheidung. Es gilt zwar als Anzeichen eines gewissen Nachdenkens der Mörder, dass die ETA seit über drei Monaten einen Waffenstillstand einhält; zarte Hoffnung keimt im großen Meer der Traurigkeit. Doch die Terrorbande wird sich kaum ohne nennenswerte Gegenleistung plötzlich zu einem Chor von Friedensengeln läutern. Die Separatisten sind bisher keine Handbreit von ihrer Hauptforderung – baskischer Selbstbestimmung und Unabhängigkeit – abgerückt. Diese Unnachgiebigkeit nährt eine gesunde Skepsis in der spanischen Bevölkerung: Eine Mehrheit unterstützt zwar Zapateros Dialogbereitschaft, traut aber zugleich dem Friedensgelöbnis der ETA, die frühere Waffenruhen stets gebrochen hat, nicht.

Zapatero, der wohl dialogfreundlichste Regierungschef, den Spanien jemals hatte, setzt derweil auf die Friedensdynamik diskreter Verhandlungen. „Es ist“, verkündet er, „meine Pflicht, für die Hoffnung zu arbeiten.“ Mit kleinen Zugeständnissen will er die Terroristen bei Laune halten und auf einen Weg bugsieren, von dem sie nicht mehr zurück können. Die diplomatische Taktik ist gut und die wohl einzig mögliche – die Erfolgsaussicht ist angesichts der Unabhängigkeitsforderungen der ETA derweil beschränkt. Zumal die Loslösung von Spanien auch von Zapatero und natürlich von der spanischen Verfassung ausgeschlossen wird. „Das Ende der Gewalt hat keinen politischen Preis“, verspricht der Premier.

Zapatero hofft vielmehr inbrünstig, dass sich die ETA-Separatisten allein mit einer Ausweitung der baskischen Autonomie zufrieden geben. Also noch mehr Selbstverwaltung für die Basken unter spanischem Dach, humanitäre Erleichterungen für die 500 einsitzenden ETA-Terroristen, Reduzierung von Haftstrafen, gar eine Amnestie nach nordirischem Vorbild – das ist der Preis, den Zapatero wohl zu zahlen bereit wäre. Die Frage ist nicht nur, ob diese Friedensprämie den ETA-Terroristen ausreichen wird, sondern auch, wie weit die Spanier ihrem Ministerpräsidenten in seiner Dialogbereitschaft zu folgen bereit sind.

Ralph Schulze

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