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Meinung: … Weißrussland

über angebliche „Bühnenbilder zu einem archivreifen Film über den Sturm des Winterpalasts“ In Weißrussland wird, so scheint es, über wenig gesprochen – was freilich daran liegen mag, dass in dem autoritär regierten Land ein Mangel an Diskussionsmöglichkeiten herrscht. Diesen Monat brach Weißrussland sein Schweigen.

über angebliche „Bühnenbilder zu einem archivreifen Film über den Sturm des Winterpalasts“ In Weißrussland wird, so scheint es, über wenig gesprochen – was freilich daran liegen mag, dass in dem autoritär regierten Land ein Mangel an Diskussionsmöglichkeiten herrscht. Diesen Monat brach Weißrussland sein Schweigen. Schuld ist eine politische Initiative aus Deutschland.

Vor rund einem Monat hatte die Bertelsmann-Stiftung in einem Thesenpapier Empfehlungen für die Politik der EU gegenüber dem osteuropäischen Nachbarn formuliert. Wenig später war das Dokument in Weißrussland in aller Munde – und schon bald haftete ihm der dubiose Titel „Anleitung zum Umsturz“ an. Besonders einer Journalistin der Tageszeitung „Sowjetskaja Belorussija“ stieß der deutsche Vorstoß übel auf. In ihrem Artikel „Drang nach Osten Nr. 2“ konstatierte Olga Nikitina beunruhigende Kontinuitäten in der deutschen Osteuropapolitik. Bereits Kaiser Wilhelm habe, als er sich für die Gründung der „Belarussischen Volksrepublik“ stark machte, dem Land nur eine Plünderung der Getreidevorräte durch deutsche Generäle beschert. 1941 hätten die Deutschen dann in Weißrussland „ein paar Kirchen und Zeitungen eröffnet“, um anschließend Vernichtungslager zu bauen und Tausende von Dörfern niederzubrennen. Nach „Analogien zwischen den Plänen des Gauleiters Kube und den Projekten der Bertelsmann-Stiftung“ müsse daher nicht lange gesucht werden: Damals wie heute verschleierten die Deutschen ihre Expansionsgelüste mit dem vorgeblichen Wunsch, „dem unglücklichen weißrussischen Volk helfen zu wollen“.

Was steht wirklich in der „Anleitung zum Umsturz“? Die Bertelsmänner legen der EU-Kommission nahe, in Anbetracht der verfahrenen innenpolitischen Situation in Weißrussland auf unorthodoxe Maßnahmen zurückzugreifen. Geboten sei vor allem die Unterstützung oppositioneller Gruppierungen – auch solcher, die „nicht den Parametern derzeitiger EU-Richtlinien entsprechen und im Land auf illegaler Basis operieren“. Während von außen „Druck auf das derzeitige Regime“ ausgeübt werden solle, müssten im Land verstärkt „europäische Werte“ propagiert werden.

Für Olga Nikitina sind diese Empfehlungen nichts als „primitive Bühnenbilder zu einem archivreifen Film über den Sturm des Winterpalasts“. Bertelsmann-Sprecher Cornelius Ochmann bezeichnet das Papier als „Routinearbeit“. Derweil hat sich Martin Hecker, der deutsche Botschafter in Minsk, mit einem offenen Brief an die „Sowjetskaja Gaseta“ um Beschwichtigung bemüht – bislang jedoch ohne Reaktion.

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