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Meinung: „1 ist supergut, 10 ist superscheiße, du bist 7895“

Ich weiß, dass ich im Feuer stehe, aber wer in der Küche arbeitet, der muss auch Hitze ertragen.“ Das hat Edmund Stoiber gesagt, der CSU-Titan in Nöten.

Ich weiß, dass ich im Feuer stehe, aber wer in der Küche arbeitet, der muss auch Hitze ertragen.“ Das hat Edmund Stoiber gesagt, der CSU-Titan in Nöten. Ein anderer Titan hätte das so sagen können: „Was ist der Unterschied zwischen euch und einem Eimer Scheiße? Der Eimer.“ O-Ton Dieter Bohlen.

Ob der Stoiber von den Königsmördern verstanden wurde, bleibt im Küchendunst, Bohlen ist unmissverständlich. Er ist wieder Juror in der vierten Staffel der RTL-Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS). Aus 28 597 Bewerbern sollen 120, dann 20, dann zehn, dann der Sieger/die Siegerin herausgefiltert werden. Bohlen ist das große, grobe „DSDS“-Sieb. Er urteilt, er verurteilt, er lobt in den Himmel, er macht platt. „Ich habe in meinem Kopf immer so eine Skala: 1 ist supergut und 10 ist superscheiße, du bist 7895.“

„DSDS“ lebt längst nicht mehr allein von den raren Talenten, die Castingshow macht ihre Unterhaltung mit den absolut Talentlosen. Da kommt Bohlens Stunde, der 52-Jährige haut die Sprüche raus, dass das Bürgertum aus FDP und EKD empört kreischt und der abgemeierte Kandidat ihm ein Glas Wasser ins Gesicht schüttet. Manche sagen, die Wasserattacke sei so inszeniert wie der Bohlen-Sprech aufgeschrieben; dahinter stecke einerseits RTL, andererseits Katja Kessler, die ehemalige „Bild“-Kolumnistin.

Das Fäkalakrobatische passt zu diesem Maulhelden. Er spielt ihn gerne, den „Dirty“ Dieter. Dafür ist er gecastet worden, dafür gibt’s die „Mörderkohle“, vulgo Honorar. Das RTL-Fernsehen wie der ganze Boulevard brauchen Bohlen, Bohlen braucht das Trash-TV und den Boulevard. Wenn böse Buben den Überfall auf die gelbe Villa im Hamburger Vorort Tötensen wagen, dann rennt der Bohlen zugleich zur Polizei und zur „Bild“. Die sehr erfolgreiche Karriere als „Modern Talking“-Kopf, als Komponist und als Musikproduzent schwächelt ja bedenklich, dass ihm der immergleiche Typ „Verona Feldbusch“ weg- und zuläuft, kann ihm wurstegal sein, eine findet dieses Mallorca-Sonnenstudio-Millionärsgesicht immer toll. Aber seine Oma und seine Kinder liebt er wirklich.

Bohlen ist im Heer der Allen-gefallen-Woller eine rare Ausnahme. Er polarisiert im Superlativ – und er hat Autorität. Vordergründig ist „DSDS“ fragwürdige Unterhaltung, hintergründig ist die Castingshow eine brutale Leistungsschau. Bohlen streichelt nicht, er sagt, was er selbst erlebt und erlitten hat: Ohne den absoluten Willen zur Leistung geht gar nichts. Du musst eine Marke sein.

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