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Meinung: 150 Piloten im Cockpit

Von Moritz Döbler

Glaubt man dem gerne in Bildern sprechenden WTO-Chef Pascal Lamy, dann steht er mit seinem Versuch, weltweit Handelshemmnisse abzubauen, kurz vor dem Landeanflug. Dank des Einigungswillens „großer Bosse“ wie der Bundeskanzlerin Angela Merkel sehe er sogar schon die Landebahn, behauptete der Chef der Welthandelsorganisation beim Wirtschaftsforum in Davos. Dummerweise sitzen bei dem Versuch, den Welthandel zu reformieren, 150 Piloten im Cockpit. Leider ist deren Wunsch nach einer sauberen Landung unterschiedlich stark ausgeprägt.

Denn nicht nur die USA und die EU können ihre Interessen auch mit bilateralen Abkommen sichern, auch China macht das etwa auf dem afrikanischen Kontinent erfolgreich, um sich den Zugriff auf Rohstoffe zu sichern. Was aber bleibt einem Land, das nichts hat? Popsänger Bono beklagte in Davos, dass es in Afrika zwar an jeder Straßenecke Unternehmer gebe, die Apfelsinen verkauften. Sobald sie aber daraus Orangensaft machen und nach Europa exportieren wollten, belege man sie mit Strafzöllen. Von der „Korruption des Nordens“ sprach der Politkünstler. Recht hat er.

Bei der sogenannten Doha-Runde geht es mindestens ebenso stark um Gerechtigkeit wie ums große Geld. Die Weltwirtschaft soll zugunsten der armen und ärmsten Staaten austariert werden. Das Gute ist, dass niemand dabei draufzahlen müsste, weil alle von mehr Handel profitierten, erst recht der amtierende Exportweltmeister Deutschland. Strategische Vorteile kommen hinzu. So warnt Tony Blair, dass wir uns nicht über Flüchtlingsströme nach Europa beklagen dürfen, wenn wir Afrika keine wirtschaftlichen Chancen lassen.

Alle Beteiligten sagen, dass die Chancen diesmal so gut wie noch nie stehen. Die Zeit jedoch ist knapp. Vor den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im März passiert gar nichts, doch die Vollmacht des US-Präsidenten George W. Bush für Handelsabkommen reicht nur bis zum 30. Juni. So geht es also nicht nur um die richtigen Kurskoordinaten, sondern der Landeanflug muss auch noch in einem extrem kleinen Zeitfenster klappen.

Geht der daneben, kann Pascal Lamy, der Mann im Tower, in ein paar Monaten den Absturz des Flugzeugs bekannt geben. Die Wrackteile würden weithin Schaden anrichten. Nicht nur wüchse die Kluft zwischen Arm und Reich in der Welt, Bindungskraft und Glaubwürdigkeit internationaler Bündnisse wären auf lange Zeit gestört.

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