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Falscher Eindruck - die Ballons leuchteten aus sich heraus nur, so lange sie am Boden montiert waren.

© dpa

25 Jahre Mauerfall in Berlin: Dieses Fest war eine Enttäuschung

Da kann man nicht meckern - so lautet das größte Berliner Kompliment. Beim Mauerfall-Jubiläum gab's allerdings durchaus etwas zu meckern. An einigen Stellen war es langweilig bis zum Überdruss. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Jeder erlebt seine eigene Welt. Dass Erfahrungen manchmal auseinanderklaffen, ist normal. Folgendes ist subjektiv, aber kaum weniger wahr als die Menge anderer Subjektive. Doch es gehört zum Tag dazu: Dies war das langweiligste Mauerfall-Jubiläum, das man sich denken konnte. Der Wille zum Pathos war  stärker als das Gefühl. Kitsch triumphierte über Symbolik ("Bild": "Die schönste Party seit 25 Jahren!"). Das Unvermögen, diesen Tag zu gestalten, trat deutlicher zu Tage als der angeblich so erfrischende Improvisationscharme der Berliner.

Unser Stand war auf der Mühlenstraße bei der East Side Gallery, dem großen Touristenmagneten, irgendwo um die Ballon-Nummer 2500 herum. Dort hinzukommen, war ein Tort. Oberbaumbrücke und Mühlenstraße wurden viel zu spät für den Verkehr gesperrt. Permanent kollidierten Fußgänger und Autos miteinander. Von Fröhlichkeit keine Spur, der Mittelfinger regierte. Nirgendwo auf dem Weg gab es Toiletten, auch verpflegen konnte man sich nicht, weil die Schlangen vor den beiden einzigen Buden, die es gab, länger waren als im Olympiastadion vor einem Hertha-Heimspiel.

Die Bilder mit den im Berliner Abendhimmel leuchtenden Ballons lügen

Also lungerte man am Stand herum, wartete. Jede Unterhaltung wurde erstickt durch das Wummern von Technoklängen gegenüber. „Die Mauer muss bleiben“, hieß es dort auf einem überdimensionalen Plakat – gemeint war die East-Side-Gallery-Mauer. Die einzige Abwechslung bestand darin, dass ein Mann mit Ansteckern vorbeikam, auf denen „Schwerter zu Pflugscharen“ stand.

Die größte Enttäuschung indes waren die Ballons. Denn die verschwanden ja nach wenigen Metern unsichtbar in der Abendluft. Grandios daran war nichts. All die Bilder, die sie nun hell erleuchtet zeigen, lügen. Zu sehen waren die Ballons nur, wenn sie angestrahlt wurden, aus sich selbst heraus leuchteten sie nicht. Der Heimweg dann war wegen überfüllter U- und S-Bahnen von einigen panischen Rufen geprägt: „Nicht weiter drängeln, hier sind Kinder!“ Und so ging ein großer Tag ziemlich klein zu Ende. Zum Glück haben nicht auch noch die Scorpions gespielt.

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