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50 Jahre Kerzen für die Einheit: Lichter der Hoffnung

Zwei Lehren hält der Sturz der Mauer bereit. Erstens: Eine Gewöhnung an die Unfreiheit darf es nie wieder geben Zweitens: Kein Unrecht währt ewig.

Der Sturz der Mauer hält zwei Lehren bereit, die nicht auf Deutschland und Europa beschränkt sind. Erstens: Eine Gewöhnung an die Unfreiheit, ihre Akzeptanz als weltpolitische Realität, mit der man sich halt arrangieren muss, darf es nie wieder geben. Ankuschelungen, gemeinsame Strategiepapiere, Dialoge um des Prinzips willen – das geht gar nicht mehr. Wer das Einreißen des Eisernen Vorhangs bejubelt, muss auch heute, etwa gegenüber Teheran, Moskau, Riad, Pjöngjang oder Peking offene Worte finden. Wer sich freut, dass Erich Honecker und Nicolae Ceausescu gestürzt wurden, sollte zu Robert Mugabe, Mahmud Ahmadinedschad, Hugo Chavez und all den anderen real existierenden Despoten größte Distanz halten.

Zweitens: Kein Unrecht währt ewig. Im Vertrauen darauf rief vor genau 50 Jahren das Kuratorium Unteilbares Deutschland – eine überparteiliche Organisation, die unter anderem von Gustav Dahrendorf, Jakob Kaiser, Herbert Wehner und Theodor Heuss unterstützt worden war – zum ersten Mal die Bundesbürger dazu auf, an Heiligabend Kerzen in die Fenster zu stellen, um ihre Verbundenheit mit den Menschen in der DDR zu zeigen. „Das Licht der Hoffnung darf nicht ausgehen“, hieß es in dem Aufruf. Dieses trotzig hoffend flackernde Kerzenlicht hat seine Schuldigkeit mit dem Mauerfall noch längst nicht getan. Freiheit, Emanzipation, Menschenrechte: Diese Verheißungen sind für viele Menschen weiterhin bloße Utopie. Weit mehr als die Hälfte aller souveränen Staaten ist undemokratisch.

Insofern wäre es ein Zeichen von Dankbarkeit und global verstandener Verantwortung, wenn die Deutschen in Ost und West aus Anlass des Mauerfalls an die Fensterkerzentradition, ob zu Heiligabend oder Silvester, wieder anknüpfen würden. Im Gedenken an jene vielen Millionen Drangsalierten, die bis heute unter Tyrannei und Willkür leiden. An Frauen, die unterdrückt und Christen, die vor allem in muslimischen Ländern verfolgt werden. An Untertanen, die man hungern lässt, und an Andersdenkende, die gefoltert oder gar hingerichtet werden. Die Mauer öffnete sich in Berlin. Die Idee der Freiheit ist universell.

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