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Abdel Fattah al Sissi:: „Einvernehmen zum Wohle Ägyptens“

Er wollte alle Kontrahenten an einem nationalen Runden Tisch versammeln. Damit ist Ägyptens Armeechef jedoch gescheitert. Ein Porträt

Er gilt als strategischer Kopf und scharfer Intellektueller. Jahrelang steckte Abdel Fattah al Sissi in den Rängen von Ägyptens Offiziershierarchie fest, weil die alte Führungscrew unter Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi auch nach 20 Jahren im Amt nicht weichen wollte. Im August hob der neu gewählte Präsident Mohammed Mursi die Altherrenriege aus dem Sattel. Al Sissi stieg zum neuen Oberbefehlshaber auf und wurde gleichzeitig einer der jüngsten Verteidigungsminister in der modernen Geschichte Ägyptens. In der gegenwärtigen Staatskrise könnte ihm nun eine Schlüsselrolle zufallen. Am Wochenende drohte er bereits mit dem Eingreifen der Armee. „Differenzen ja, aber kein Zerwürfnis“, erklärte er im Staatsfernsehen. „Wir brauchen ein Einvernehmen zum Wohle Ägyptens.“ Seinen Versuch, die Kontrahenten an einem nationalen runden Tisch zu versammeln, gab er gestern kurz vor dem Termin jedoch auf.

1954 in Kairo geboren, absolvierte al Sissi zunächst eine Ausbildung an der Militärakademie. An den Kriegen Ägyptens gegen Israel 1967 und 1973 war er nicht als Soldat beteiligt. Al Sissi kommandierte zunächst Einheiten der Infanterie, stieg 2008 auf zum Kommandeur des Armeebereichs Nord mit Sitz in Alexandria. Nach dem Sturz von Hosni Mubarak im Februar 2011 wurde er Chef des militärischen Nachrichtendienstes und gleichzeitig jüngstes Mitglied im herrschenden Obersten Militärrat. Im März 2011 erlangte er zweifelhafte Bekanntheit, als er die sexuellen Übergriffe von Soldaten auf Demonstrantinnen in Form sogenannter Jungfrauentests rechtfertigte. Nach einem Sturm der Entrüstung sagte al Sissi gegenüber Amnesty International, die Armee werde derartige Übergriffe künftig nicht mehr dulden. Als Oberbefehlshaber über 500 000 Soldaten wies er diese Woche Mannschaften und Offiziere ausdrücklich an, im Umgang mit Demonstranten vor dem Präsidentenpalast „äußerste Zurückhaltung“ zu zeigen.

Al Sissi gilt als frommer Muslim. Interne Gegner sagen ihm eine Nähe zur Muslimbruderschaft nach, auch weil seine Frau einen Vollschleier trägt, der das Gesicht bis auf einen Sehschlitz verhüllt. Als junger Offizier verbrachte er einige Zeit als Militärattaché in Saudi-Arabien. Seine Verbindungen nach Washington gelten als ausgezeichnet, sowohl zu der Führung der US-Armee als auch zum Pentagon, das Ägyptens Streitkräfte jährlich mit 1,3 Milliarden Dollar unterstützt.

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