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Meinung: Abgeschlagene Häupter Ob Neuenfels oder die Karikaturen: Schund!

Es ist schon merkwürdig. Als die dänischen Mohammed-Karikaturen zu Gewaltausbrüchen in der islamischen Welt führten, gab es eine breite Welle der Unterstützung.

Es ist schon merkwürdig. Als die dänischen Mohammed-Karikaturen zu Gewaltausbrüchen in der islamischen Welt führten, gab es eine breite Welle der Unterstützung. Obwohl Form wie Inhalt eher die kulturellen Untiefen westlichen Denkens symbolisierten, schlossen sich alle zur Verteidigung der angeblich bedrohten Freiheit zusammen, und tapfere Verleger und Redakteure druckten den Schund in England und Deutschland nach. Ähnliche Übereinstimmung herrscht in Bezug auf die unglückliche Absetzung des Neuenfels‘schen Idomeneo an der Deutschen Oper.

Doch als der Papst auf hohem theologischen Niveau die Auseinandersetzung mit der uns fremden Welt des Islam aufnahm, sprachen die meisten von Ungeschicklichkeiten, von misszuverstehenden Zitaten, von einer Unvorsichtigkeit, die als Lunte am Pulverfass wirke. Nichts dürfte die abendländische Krise besser beleuchten als diese unterschiedlichen Reaktionen – und nichts gebildete Moslems gründlicher an dem Weg des Westens als Vorbild für ihre eigene Kultur zweifeln lassen.

Es mag ja richtig sein, dass die Zahl der Nobelpreisträger im Westen um ein Vielfaches höher ist als im Orient und die Stellung der Frau in der islamischen Welt nicht unseren Gleichheitsvorstellungen entspricht. Die westlichen Gesellschaften sind den Weg der Trennung von Kirche und Staat und von Verweltlichung und Aufklärung gegangen. Ob die damit verbundene Profanierung des Heiligen ein Fluch oder Segen ist, wird jeder für sich beantworten müssen, ein Vorbildcharakter für andere Gesellschaften ist damit nicht verbunden. Denn nicht der technologische Fortschritt und die Erfolge einer säkularisierten Kultur rechtfertigen eine Religion, sondern Geborgenheit in und Zufriedenheit mit ihren Tröstungen.

Benedikts Bemerkungen zielten darauf ab, die Karikaturen indes wie auch die abgeschlagenen Häupter von Christus und Mohammed im Idomeneo auf das Gegenteil. Im Krieg mag der Satz stimmen, dass die Feinde meiner Feinde meine Freunde sind, in einer geistigen Auseinandersetzung kann der Papst auf Verbündete verzichten, die auf das Göttliche an sich und nicht nur auf die Einheit von Staat und Religion im Islam zielen. Die Freiheit des Papstes zu sprechen rechtfertigt sich aus dem Wert des Gesagten, die Freiheit des Karikaturisten wie von Neuenfels allein aus unserer freiheitlichen Ordnung. Es ist dieser Unterschied, der eine Verständigung zwischen Morgenland und Abendland so schwer macht.

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