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Meinung: Achse der ökologischen Schurkenstaaten Der Klimawandel ist bewiesen – den Blockierern ist das egal

Von Alexander S. Kekulé WAS WISSEN SCHAFFT Ein Resultat des Entwicklungsgipfels in Johannesburg steht bereits fest: Die 65 000 Delegierten werden mit ihren Flugreisen und Autofahrten die Atmosphäre mit rund 500 000 Tonnen Kohlendioxid belasten - so haben es zynische Beobachter vorausberechnet.

Von Alexander S. Kekulé

WAS WISSEN SCHAFFT

Ein Resultat des Entwicklungsgipfels in Johannesburg steht bereits fest: Die 65 000 Delegierten werden mit ihren Flugreisen und Autofahrten die Atmosphäre mit rund 500 000 Tonnen Kohlendioxid belasten - so haben es zynische Beobachter vorausberechnet. Davon abgesehen ist von der zehntägigen Mammutkonferenz kaum ein konkretes Ergebnis zu erwarten. Ein verbindliches Abkommen, wie 1997 in Kyoto steht ohnehin nicht auf der Tagesordnung. Optimisten erhoffen sich zumindest eine gemeinsame Abschlusserklärung – von den vorbereiteten 615 Paragrafen war jedoch zu Beginn der Tagung noch mehr als ein Viertel umstritten. Viele wichtige Entscheidungen dürften von den notorischen Neinsagern USA, Kanada und Australien blockiert werden – in Johannesburg haben sie sich bereits den Titel „Achse des ökologisch Bösen“ eingehandelt. George W. Bush will sich mit derlei Schmutz nicht abgeben: Der Präsident der mächtigsten Industrienation sagte seine Teilnahme am Treffen einfach ab.

Doch der blaue Planet ist noch nicht verloren. Genau betrachtet stehen die Verfechter von nachhaltiger Entwicklung heute mit wesentlich besseren Argumenten da als vor zehn Jahren beim Umweltgipfel in Rio. Während die meisten Wissenschaftler damals am Treibhauseffekt zweifelten, ist er heute praktisch unbestritten. Selbst die Regierung der USA hat erstmals offiziell eingeräumt, dass der Mensch eine Mitschuld an der Erderwärmung hat. Das Abschmelzen der Gebirgsgletscher, einst böser Verdacht einiger Bergführer und Glaziologen, wurde inzwischen bewiesen. Auch das Ansteigen der Meeresspiegel und die Zunahme extremer Wetterereignisse sind wissenschaftlich bestätigt.

Die wirkungsvollsten Argumente zum Schutz der Erde kommen jedoch neuerdings aus einer Wissenschaft, von der das kaum einer erwartet hat: der Ökonomie. So zeigte eine makroökonomische Studie der Weltgesundheitsorganisation auf, dass Krankheit und verkürzte Lebenserwartung in den Entwicklungsländern die Weltwirtschaft jährlich mindestens 360 Milliarden Dollar kosten – für einen Bruchteil davon könnten die Gesundheitssysteme der dritten Welt saniert werden. Die Welthandelsorganisation rechnete vor, welch verheerende Folgen Aids und andere Infektionskrankheiten für die Weltwirtschaft haben werden. Auch die Weltbank räumt schwere Fehler beim Umweltmanagement ein und fordert nachhaltige Programme. In Deutschland sorgten die neuen Öko-Töne der Wirtschaftswissenschaftler während des Hochwassers für Aufsehen, als die Münchener Rück AG, der größte Rückversicherer der Welt, eine Zunahme von Wetterkatastrophen durch den Klimawandel prognostizierte.

Die Auswirkungen der Katastrophe in der dritten Welt sind bereits in den Industrieländern sichtbar: In den USA brennen die Wälder, Mücken tragen tropische Krankheiten in den Norden, die Aids-Epidemie wütet im Osten vor den Türen der EU. Für die ökologischen Schurkenstaaten, die nach Rio im n der Wirtschaft gegen die Wissenschaft argumentierten, wird die Luft dünn werden: Die Ökonomie schickt sich an, die Erde vor dem ökologischen Untergang zu retten.

Der Autor ist Direktor des Instituts für Mikrobiologie an der Universität Halle.Foto: J. Peyer

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